In Waldkirch werden in der “Kühlen Mühle, die Schwarzwaldölmühle” feine Speiseöle im strikten Kaltpressverfahren nach Rohkostdefinition hergestellt: Tobias Weber betreibt mit hohem Anspruch seine Ölmühle.
Von Katharina Müller
Der Name ruft romantisch-verklärte Bilder auf: Ölmühle. Ein niedriges Haus mit großem Mühlstein, der schwer mahlt und moosbewachsene Steine. Unweigerlich sucht das Auge nach grün, nach einem Bach, lauscht dem Plätschern und hält Ausschau nach einer Mühle, mitten im Wohngebiet in Waldkirch. Natürlich vergeblich. Naivität oder Jahrzehnte erfolgreiche Gehirnwäsche durch die Bilder aus den Medien und der Werbeindustrie? Die Realität einer modernen Ölmühle sieht heute freilich ganz anders aus: Ein normales Haus, milchglasige Fenster, hell und freundlich. Bei der „Kühlen Mühle“ in Waldkirch sieht man schon durch die Eingangstür in den Verkaufsraum, auch die Trennwand zwischen gekachelten Produktionsräumen und Ladentheke sind mit großen Fenstern ausgestattet. Es herrscht eine angenehme, offene Atmosphäre mit Holzregalen, auf denen aufgereiht die kleinen braunen Flaschen mit den edlen Ölen stehen.
Beim Eintreten eilt Tobias Weber heran, berät, erklärt und entlässt seine Kunden wieder mit Handschlag. Vertrauen und Ehrlichkeit seien wichtige Werte und die Grundlage für die Arbeit mit dem Produkt Öl. In seiner Mühle geht es um den Erhalt der Inhaltsstoffe, um den Nährwert und um die Herkunft der Saaten. Nicht schwer, das zu glauben. Denn das Gesamtkonzept ist authentisch: Als Demeter-Landwirt hat Weber den entsprechenden Hintergrund, jahrzehntelang hat er sich mit dieser Leidenschaft ein umfangreiches Wissen aufgebaut, hat auf Höfen und auf der Alm gearbeitet und zuletzt in einer Mühle und daheim getüftelt, denn die Öl-Herstellung ist kein eigener Lehrberuf. Schwierig sei es zudem, gute Maschinen zu bekommen, welche die Saat tatsächlich kalt pressen, also nach Kriterien der Rohkostszene, die zum Erhalt der Nährstoffe 42 Grad definiert, ein Grenzwert, der nicht überschritten werden soll, was aber kaum eine herkömmliche Maschine erreicht. Bei seiner Ölpresse jedoch kann er an einigen Stellschrauben drehen, um die Temperatur nicht zu überschreiten. Auch sie ist in Eigenarbeit entstanden. Sein Lehrmeister, ein Ölhersteller vom Bodensee tüftelte jahrelang an geeigneten Lösungen, bis ihm der Bau eines Modells gelang, das den hohen Anforderungen an eine kühle Saatpresse entsprach. Nur an handverlesene Personen verkauft er diese Entwicklung, eben nur an jene, die diese Handarbeit schätzen und den Anspruch an eine hohe Qualität teilen. An Tobias Weber, geboren auf der Schwäbischen Alb, glaubte er offenbar, denn der bekam obendrauf auch noch Gebietsschutz: Der Maschinen-Hersteller garantierte, keinem anderen Ölmacher in der Region nochmal diese Art der Maschinen zu verkaufen. Weber erklärt: „Ich möchte meine Öle gar nicht erst ‚kaltgepresst‘ nennen, da mit diesem Begriff zu viel Schund getrieben wird.“
Nach Rohkostdefinition zu pressen sei sein eigener Anspruch, den er einfach einhalte, weil das für die Hochwertigkeit des Öls ausschlaggebend sei, nicht um es auf die Flasche schreiben zu können, nicht für ein Siegel und auch nicht für irgendein Zertifikat. Nur für sich und für den Anspruch seiner Kunden. Der 38-Jährige sagt auch, dass handelsübliche Öle meist zu heiß gepresst seien und später haltbar gemacht werden und sich das auf die Qualität auswirke. „Es ist faszinierend, wie mit der richtigen Technik und der schonenden Herstellung plötzlich auch das Sonnenblumenöl an Geschmack gewinnt.“
An einigen Stellschrauben kann Tobias Weber bei seinen Pressen drehen, ob Hagebuttenöl, Aprikosenkernöl oder Leinöl – möglich ist vieles. Nur auf Bestellung, ganz frisch gepresst, bekommt man letzteres, das am besten schmeckt, wenn es kühl und dunkel, nicht mehr als vier bis acht Wochen gelagert wird, denn sonst wird es bitter. Je nach Saat muss Weber allerdings auch auf Länder wie beispielsweise Polen zurückgreifen. Denn gute Saat zu bekommen sei schwierig, gerade Leinsamen, also die Saat von Flachs, sei in Deutschland kaum vorhanden. Deswegen steht er mit Landwirten aus der Region in Kontakt, um einen Anbau vor Ort zu initiieren. Die Chancen dafür, etwa am Kaiserstuhl, stünden gut, so Weber.
Schaut er auf das Jahr zurück, so sei er zufrieden. Im Mai 2016 übernahm er in Waldkirch die ehemalige Bäckerei. Die Inhaberin freute sich, dass in diesen Räumen ein Handwerk weiterhin ausgeübt wird. Inzwischen hilft seine Partnerin mit und er hat schon einige Kunden verschiedenen Alters gewonnen, die seine transparente Arbeit und die Produkte schätzen, sei es für kosmetische Zwecke oder für die feine Küche. Denn neben den eigens produzierten Ölen gibt es auch Olivenöl, dessen Hersteller er persönlich kennt und schätzt. Darauf verlässt man sich, wie auch auf das enorme Wissen, das Tobias Weber bereitwillig teilt und gerne vermittelt. Bei organisierten Proben ebenso wie beim Probieren während des kurzen Besuchs. Das spricht viele an und es spricht sich herum. Das Konzept und vor allem der Geschmack überzeugen. „Die meisten meiner Kunden kommen aus Waldkirch und Umgebung, inzwischen sind aber auch einige Freiburger dabei.“ Begonnen hatte Weber mit dem Ziel, in Freiburg den Laden zu eröffnen. Ein halbes Jahr suchte er nach Möglichkeiten für Räume. „Nach und nach aber habe ich meinen Radius erweitert“, ernüchtert durch die Mietpreise in der Stadt. Heute sei er auch ein bisschen froh, dass es so gekommen ist, denn diejenigen, die von weiter herkommen und diese Strecke auf sich nehmen, das seien Menschen, die das Thema Öl wirklich interessiert.
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