Der Verein Pavillon für Alle will Baugruppen vernetzen und befähigen. Dafür entsteht gerade der erste Beteiligungsbau im Gebiet Kleineschholz in Freiburg und die Workshopreihe „Gebaut“.
VON CHRISTINE WEIS
In Gebiet Kleineschholz sind die ersten Gewerke zugange. Nein, es geht noch nicht los mit der Bebauung, das wird frühestens 2025 so weit sein. Zur Erinnerung: Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn hat 2018 in seiner Antrittsrede angekündigt, dass das Quartier Kleineschholz im Stühlinger Westen ohne gewinnorientierte Investoren realisiert werde. Direkt neben der Agentur für Arbeit an der Lehener Straße entsteht jetzt erstmal der Pavillon für Alle, benannt nach dem gleichnamigen Verein, der dort agieren wird. Die Stadt Freiburg stellt das Grundstück vier Jahre zur Verfügung, gebaut wird mit Unterstützung von Sponsoren wie Holzbau Steiger & Riesterer, Keune Erdbau, Beton- und Fertigteilwerk Egenter, Moser Fensterbau, Zimmerei Grünspecht oder der Holzfaserplattenfabrik Gutex.
Der Pavillon soll Informationszentrum, Vernetzungszentrale und ein Treffpunkt für all jene Wohnprojektgruppen sein, die sich um einen Bauplatz in dem neuen Stadtteil bemühen wollen. „Uns ist die Konkurrenzsituation unter den Bewerbern bewusst. Gerade deshalb ist uns eine Kultur des Miteinanders wichtig“, sagt Mona Haas, eine der drei Vorstände des Vereins. Die Kommunikation und Abstimmung sei wichtig, damit am Ende nicht alle mit ähnlichen Vorhaben ins Rennen gingen. Und schließlich wolle man später auch gemeinsam im Quartier wohnen und es gestalten. Mona Haas koordiniert federführend die Veranstaltungen des Pavillons für Alle im Ehrenamt. Hauptamtlich ist die Sozialarbeiterin bei der neugegründeten Dachgenossenschaft Wohnen für Alle beschäftigt.
Das genaue Vermarktungskonzept und die Vergabekriterien für Kleineschholz mit rund 550 Wohnungen für etwa 1250 Menschen wird Anfang 2023 beschlossen. Klar ist, es kommen gemeinwohlorientiete, ökologische, inklusive, soziale oder kulturelle Konzepte zum Zuge – die 50-Prozent-Quote sozial geförderter Wohnraum ist ebenfalls Voraussetzung.
„Gerade für die Unerfahrenen wollen wir Knowhow vermitteln, damit nicht jeder von vorne anfängt und mit denselben Hürden kämpft.“
Mona Haas, Vorständin Verein Pavillon für Alle
Und es tut sich was in der bauwilligen und sozialengagierten Stadtgesellschaft: Allein beim Verbund Mietshäuser Syndikat gibt es etwa 14 interessierte Gemeinschaften, neugegründete Genossenschaften wie jene namens Esche sind am Start, unter dem Dach von Wohnen für Alle haben sich die Projektgruppen Wolke und Life Lab gebildet. Mona Haas weiß von vielen weiteren Interessenten, die noch in der Planungs- oder Findungsphase stecken. „Gerade für die Unerfahrenen wollen wir Knowhow vermitteln, damit nicht jeder von vorne anfängt und mit denselben Hürden kämpft“, sagt die 36-Jährige.
Im Januar öffnet der Pavillon seine Türen mit der Workshopreihe „Gebaut“. Das Programm hat Haas zusammen mit der Stadt Freiburg und dem Social Innovation Lab entwickelt. Das Lab mit Sitz im Kreativpark der Lokhalle am Güterbahnhof gehört zum Verein Grünhof und ermöglicht kostenloses Coworking für innovative soziale Projekte und junge Sozialunternehmen.
„Gebaut“ umfasst von Januar bis Mai fünf Module zu den Themen Rechtsform, geförderter Wohnungsbau, Erwerb eines Grundstückes im Erbbaurecht, Finanzierung und Bauplanung. Zu den jeweiligen Themen sind unterschiedliche Referenten geladen, etwa Finanzexperten, Architekten, Vertreter von Genossenschaften oder dem Mietshäuser Syndikat. Bereits vor Ablauf der Anmeldefrist am 19. Dezember waren die Plätze ausgebucht.
Wie es in einer Pressemeldung heißt, hat die Stadt Interesse daran, dass die Baugemeinschaften mit dem Programm geschult werden. Denn die Herausforderungen durch Baukostensteigerungen und Zinsentwicklungen würden derzeit stetig größer. Die Vermarktung der Grundstücke in Erbpacht soll im ersten Halbjahr 2023 beginnen. „Wer den Zuschlag zur Kaufoption bekommt, hat nochmal zwölf Monate Zeit, um das Konzept zu schärfen“, sagt Mona Haas, „und gerade für diese Phase werden wir Workshops zum ökologischen Bauen, Quartiersentwicklung oder auch Urban Gardening anbieten“.
Die Visionen des Vereins reichen weit über Kleineschholz hinaus: Die Akteure von Pavillon für Alle wollen sich auch im Baugebiet Dietenbach frühzeitig für die Stadtteilentwicklung und gemeinwohlorientierte Bauvorhaben engagieren. Doch erstmal benötigt der Pavillon einen Wasser- und Stromanschluss. Auch das wird sich finden, da ist Mona Haas zuversichtlich, gerade wurden Stühle gespendet.