In Zeiten von Platzmangel in urbanen Zentren und plötzlichem Bevölkerungswachstum könnte statt Abriss vielmehr An- und Weiterbau eine Rolle spielen. Die Addhome-Idee von der Kramer GmbH aus Umkirch soll helfen.
Von Katharina Müller
In der Region gibt es ein Unternehmen, welches sehr genau bemerkt, dass sich die Gesellschaft verändert und die Menschen mobiler geworden sind: Die Kramer GmbH aus Umkirch. Denn hier arbeiten 270 Mitarbeiter in der Dämmtechnik, dem Kühlund Ladenbau.
In den letzten Jahren gab es immer mehr Aufträge von Bäckerei-Ketten, für immer mehr Snacks und Gerichte, die in immer größer werdenden Verkaufs- und Kühltheken ausliegen sollen. Matthias Weckesser ist Geschäftsführer bei Kramer und sagt, dass er 2013 ein Brainstorming machte, denn dieser Wandel biete Möglichkeiten für weitere Geschäftsideen. Zunehmende Mobilität und Bevölkerungswachstum durch Migration, Flüchtlinge, aber auch durch Studenten bei Semesterbeginn, macht sich vor allem in den Städten bemerkbar.
Das ist eine neue, herausfordernde Situation, die auch zu enormer Wohnungsnot führen kann und Weckesser erklärt, dass in Zukunft, in komplexer werdenden Gesellschaften daher insgesamt mehr Flexibilität gefragt sei, um darauf reagieren zu können. In den folgenden Jahren entstand deshalb die Geschäftsidee namens „addhome“ – flexibel gestaltbarer Wohnraum mit Modulen, angesiedelt zwischen Container und konventioneller Massivbauweise. Kramer anderen Bereich einsetzen wollen, „uns hat es gereizt, etwas Anderes neben kalten, sterilen Räumen zu bauen“. Schnell auf- und wieder abbaubar, im privaten oder gewerblichen Bereich nutzbar und ästhetisch ansprechend:
Auf dem Betriebsgelände erklärt Bruno Tornow, Leitung Vertrieb & Technik die eigenen Räume für Kramer-Mitarbeiter, beschattet im Sommer, außen mit Pflanzen bewachsen, wahlweise auch mit viel Glas, wie etwa als Restaurant auf dem Feldberg. Inzwischen gibt es schon einige umgesetzte Projekte, gerade in einem Naturpark hat ein rückbaubares Gebäude Vorteile bei der Baugenehmigung.
Weckesser sagt: „Es gibt so viele freie ungenutzte Flächen. Parkplätze beispielsweise, die kurzfristig herhalten könnten.“ Um zu demonstrieren, welches gestalterisches Potenzial die Modulbauten haben, sollen auch auf dem eigenen Firmengelände nochmal weitere neue Räume entstehen, dreistöckig, denn mehr geht nicht. Dass diese Bauten gut aussehen könnten, ist nicht schwer sich vorzustellen, bei Kramer stehen schon zwei hübsch bewachsene „addhomes“ auf dem Grundstück und es existiert ein Bewusstsein für Architektur, das zeigt allein das Firmengebäude. Weckesser sagt, er wolle einen Neubau aus Modulen, „um zu zeigen, was möglich ist und um Phantasien anzuregen“.
Denn derzeit sei es noch recht schwierig, Investoren zu finden. Die ersten Erfahrungen bei einem Projekt mit Studenten in Freiburg hätten das gezeigt. Noch seien sie auf der Suche nach der richtigen Zielgruppe, „ein Prozess“, daraus macht Weckesser kein Geheimnis. Derzeit arbeiten drei Kramer-Mitarbeiter bei „addhome“, vielleicht sind es irgendwann mehr.
Weckesser betont: „Für uns ist das ein Bereich, der sich entwickelt, aber vielleicht liegt es teilweise auch an der Gesellschaft. Vielleicht ist es noch nicht an der Zeit, um eine solche Form des Wohnens zu akzeptieren, vielleicht denken wir noch zu sehr in alten Kategorien“. In den urbanen Zentren, auch in deutschen Städten, hat sich die Einstellung zum eigenen Auto schon geändert: Da stellt eine junge, flexiblere Generation das Nutzen von Dingen, wie beispielsweise beim Carsharing, viel höher als das Besitzen. Warum soll sich nicht bald schon eine flexible Einstellung im Bereich Wohnung und Bau entwickeln – und vielleicht passt sich dann auch die Genehmigungs-Bürokratie flexibel an ein neues Tempo an.