Martin Kranz hat 2020 das Eventtechnik-Unternehmen seines Vaters in dritter Generation übernommen. Die Übergabe kam schneller als gedacht. Sein Vater spielt für den Jungunternehmer nach wie vor eine wichtige Rolle im Betrieb.
VON ANNA-LENA GRÖNER
“Irgendwann rief mein Vater an und sagte: Die Firma wächst so stark, wir könnten dich gebrauchen“, sagt Martin Kranz. Er sitzt vor der großen Glasfront im Besprechungsraum des Firmenneubaus der Kranz Live Eventsolutions GmbH mit Blick auf den Schönberg. Das fünf Millionen Euro teure Gebäude liegt prominent im Freiburger Industriegebiet Haid und wurde vergangenen April bezogen. Der alte Sitz war im Industriegebiet Nord.
Für Martin Kranz ist der Umzug eine Investition in die Zukunft und in die Modernität seines Betriebes. Unübersehbar stolz führt der Geschäftsführer durch die 1200 Quadratmeter große Lagerhalle. Hier gibt es ausreichend Platz, um alle technischen Gerätschaften, Bühnenteile und ein eigenes Studio unterzubringen. Unzählige Kabel hängen feinsäuberlich zusammengerollt an der Wand und große Roadcases (rollende Boxen zum Technik-Transport) reihen sich aneinander. Im dritten Stock zeigt Martin Kranz das Studio.
Hier stand zuletzt Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn für den virtuellen Neujahrsempfang vor dem „Greenscreen“- Hintergrund. Für seine Geschäftskunden ist die Kranz Live Eventsolutions GmbH inzwischen ein Alleskönner der Eventtechnik – von Videotechnik über Lichttechnik bis hin zum Bühnenaufbau.
Im Pandemie-Sommer errichtete das Kranz-Team beispielsweise die riesige LED-Leinwand für das Open-Air-Auto-Kino auf dem Freiburger Messegelände. Gemeinsam mit dem Sportclub Freiburg plant man neue Veranstaltungsformate – vorerst digital, bald hoffentlich wieder rund ums Stadion.
„Mein Vater hat gemerkt, dass ich dem Ganzen gewachsen bin.“
Martin Kranz, Geschäftsführer Kranz Live Eventsolution
Seit dem Wir-könnten-dich-gebrauchen-Anruf des Vaters sind 16 Jahre vergangen. Martin Kranz war damals 25 Jahre alt und hatte gerade die Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Einzelhandel in Frankfurt abgeschlossen. Für ihn war keineswegs klar, dass er einmal ins Unternehmen des Vaters einsteigen, geschweige denn es irgendwann übernehmen wird. „Ich wollte früher immer aus Freiburg raus und die weite Welt sehen. Das Ausland hat mich immer gereizt und das ist vielleicht bis zum heutigen Zeitpunkt ein weinendes Auge für mich.“
Das Familienunternehmen wurde 1950 als Kranz Film vom Großvater Manfred Kranz gegründet, einem technikbegeisterten Mann, der im Heimatdorf Freiburg-Lehen zu den ersten Telefon- und Fernsehbesitzern gehörte. Außerdem arbeitete er unter anderem als Kameraassistent für den Freiburger Regisseur und Skisportler Sepp Allgaier. In Martin Kranz‘ frisch bezogenem Büro auf der Haid stehen Relikte aus der Zeit des Großvaters: schwere Filmkameras auf Holzstativen.
Vater Norbert Kranz, gelernter Fotograf und Kaufmann, übernahm das Unternehmen 1980 und firmierte es in Kranz Vilm Medienproduktion um. Vilm mit „V“ sollte die Verschmelzung von Video und Film symbolisieren, auf dessen Produktionen man sich vermehrt spezialisiert hatte. „Als mein Vater mir zugesichert hatte, dass ich alles umsetzen darf, was ich umsetzen möchte, bin ich schließlich 2005 ins Unternehmen eingestiegen“, sagt Martin Kranz. Der Junior brachte die Veranstaltungstechnik groß auf den Schirm und übernahm dafür von Anfang an die Verantwortung.
Zwischen seinem Vater und ihm habe es immer eine klare Aufgabenverteilung gegeben: Während der Vater die Fernsehproduktionen betreute, konnte der Junior sich bei der Veranstaltungstechnik austoben und die Firma modernisieren. Das erste, was Martin Kranz nach seinem Unternehmenseintritt installierte, waren eine Internetseite und eigene Mailadressen für alle drei Mitarbeiter – neben seinem Vater und ihm damals noch ein Auszubildender.
Heute arbeiten 16 Mitarbeiter im Unternehmen, darunter sechs Azubis. Für das aktuelle Jahr hat Geschäftsführer Martin Kranz vier weitere Arbeitsverträge ausgestellt. Der 41-Jährige ist sich sicher, dass Veranstaltungstechnik durch die Pandemie vorerst ein Saisongeschäft bleiben wird. Auf die Hochphasen will er vorbereitet sein.
Auf die Umstellung von Live- auf Streamevents war Kranz bestens vorbereitet. September bis Anfang November vergangenen Jahres seien für sein Unternehmen die besten Monate aller Zeiten gewesen: „Wir hatten im Oktober 70 Veranstaltungen, das ist wie ein Tsunami über uns eingebrochen. Alle wollten Events machen, bevor der November kommt und alles wieder dicht macht. Das sehe ich aktuell wieder auf uns zukommen.“
„Klar denkt man darüber nach, die Firma einmal an den Sohn zu übergeben.“
Martin Kranz, Geschäftsführer Kranz Live Eventsolution
So gut vorbereitet war er auf die Unternehmensnachfolge nicht. Eigentlich war mit dem Vater eine softe Übergabe geplant. Doch der Wechsel von der damaligen Kranz Vilm Medienproduktion eK (eingetragener Kaufmann) in die Kranz Live Eventsolutions GmbH, bei der Martin die Mehrheitsanteile hält, kam schneller als geplant. Der Grund war der Tod der Mutter nach kurzer Krankheit im Jahr 2018. Sie hatte sich im Betrieb um die Personalbuchhaltung und Finanzen gekümmert und ihren Männern den Rücken freigehalten.
Vater Norbert sei daraufhin stark zurückgetreten, Martin musste sich plötzlich um Bereiche kümmern, die Neuland für ihn waren. „Mein Vater hat in dieser Zeit gemerkt, dass ich dem Ganzen gewachsen bin.“ 2020 folgte die offizielle Übergabe und die Umfirmierung in Kranz Live Eventsolutions.
Der 68-jährige Norbert Kranz ist inzwischen nicht mehr am operativen Geschäft beteiligt, kümmert sich jedoch nach wie vor um die Digitalisierung alter Video- und Super-8-Filme. „Ich frage meinen Vater aber bei allen Entscheidungen. Es ist gut, einen Sparringspartner mit so viel Erfahrung an meiner Seite zu haben.“
Und was möchte Martin Kranz als Geschäftsführer anders machen als sein Vater? Dem sei es nie richtig gelungen, Privates und Geschäftliches zu trennen, auch weil die Firma, damals noch in Lehen, in direkter Nachbarschaft zum Familienhaus stand. Oft sei der Vater erst gegen 23 Uhr nach Hause gekommen, ließ sich dazwischen nur kurz zum Essen blicken. „So wollte ich es nie machen. Ich trenne das komplett, auch meinem Sohn zuliebe.“
Der ist gerade erst sechs Monate alt, denkt Martin Kranz dennoch über die weitere Übergabe innerhalb der Familie nach? „Klar denkt man darüber nach, die Firma einmal an den Sohn zu übergeben, das wäre sicher schön. Aber ich bin nicht so festgefahren“, sagt Martin Kranz.
Wenn ein großer Player aus der Szene später das Unternehmen kaufen möchte und er könne mit 50 Jahren in Rente gehen, wäre das durchaus auch ein Traum, schließlich habe er viel nachzuholen mit seiner Frau. Vielleicht lockt dann doch noch mal das Ausland.