Die Basketballerinnen der Freiburger „Eisvögel“ sind Leistungssportlerinnen an der deutschen Spitze, die abseits der ganz großen Öffentlichkeit wirken. Als Trainer kehrt Harald Janson zurück, der Profisport im Ehrenamt betreibt.
VON RUDI RASCHKE
Kleiner Tipp: wer in der Motivation ein wenig durchhängt, sein sportliches Konzept sucht – oder einfach ein Gespräch mit jemandem braucht, der so emotional wie analytisch seinen Sport betreibt und liebt, soll das Gespräch mit ihm suchen: Harald Janson.
Auf seine eigene Art ist er von der Verwurzelung bis zur Expertise der Christian Streich des deutschen Basketballs. Janson trainiert die „Eisvögel“ in der Basketball-Bundesliga, mit hochprofessioneller Arbeitsweise – und einem Etat, der mit einem Dreihundertstel des Bundesliga- Vereins SC Freiburg auskommt: 300.000 Euro sind es.
Von diesem Geld wird Frauen-Basketball als Beruf finanziert. Die 12 Spielerinnen absolvieren acht bis zehn Einheiten die Woche, ein fünfköpfiges Trainerteam betreibt Athletik und Ausdauer als Schwerpunkte zum Wochenauftakt, sichtet Videomaterial am Dienstag, beschäftigt sich mit eigenen Themen in der ersten Hälfte der Einheiten und mit denen des Gegners, wenn das Spiel näher rückt.
Trainer im Ehrenamt
Nur: Harald Janson macht dies im Ehrenamt, er ist Lehrer an einem Freiburger Gynmasium. Er war als früherer Trainer und Macher bis im Sommer sportlicher Leiter der Basketballerinnen, nach der Trennung von beiden Trainerinnen übernahm er das Amt kürzlich wieder. Janson sagt, es sei lustig, dass er den Trainerjob an den Nagel hing, als die Tochter zwei war, jetzt ist sie neun und sieht den Vater erstmals in Aktion.
Harald Jansons Frau Birte war ebenfalls Spielerin und ist im Club engagiert. Janson sagt auch, dass durch sein Comeback an der Seitenlinie einige Ressourcen anderweitig für den Kader verwendet werden können. Weil es nicht das Geld ist: Woraus bezieht er die Motivation? Harald Janson sagt, dass ihm das Herz aufgeht, wenn er eine erste Zuschauerreihe mit dem Nachwuchs der U12 und U14 sieht, die die Vorbilder im eigenen Club anfeuern.
Er freut sich über jedes stolz getragene „Eisvögel“-Trikot, das er im Vorbeifahren aus dem Auto sieht. Und er freut sich darüber, dass seine Spielerinnen im Team nicht nur in der höchsten deutschen Liga spielen, sondern auch in den Spitzen ihres Landes – sieben Nationalspielerinnen sind es aktuell. Das mache den Club inzwischen für Top-Talente attraktiv.
Aus „Schwächen Stärken machen“ nennt Janson sein Konzept abseits der großen Standorte und des großen Geldes. Und damit hat er Freiburg auf der Landkarte im deutschen Basketball etabliert. „Nicht die eine Nationalspielerin zu formen“, sei das Ziel, sagt er, „sondern den Charakter“. Den Eisvögel-Jugendspielerinnen kann er anbieten, dass sie nach sechs Jahren Training zur Spitze des Landes gehören können, ein Angebot im Nachwuchssport, dass es beispielsweise in den Teamsportarten Handball oder Volleyball nicht gibt in Freiburg.
Kaum Öffentlichkeit
Hierfür gebe es rund um die „Eisvögel“ eine duale Karriereplanung, mit dem Olympiastützpunkt, seinem Sportinternat und den kooperierenden Partnerschulen. Janson ist allerdings lange genug dabei, dass er auch ein wenig mit den sportpolitischen Umständen in Deutschland hadert, und dazu gehört vor allem die mediale Wahrnehmung. Die Fixierung der Sportwelt hierzulande auf den Fußball mute für ihn nahezu „mittelalterlich“ an, sagt er im Gespräch.
Das sei nichts gegen den Fußballsport, aber dass es selbst Olympia im TV gegen einen Zweitligakick schwer habe, will er nicht verstehen. Während in den USA an den Universitäten längst auch die Geschlechtergerechtigkeit bei den Sportarten Thema sei, sieht er in der europäischen Nachbarschaft zumindest ein größeres Interesse an seiner Sportart.
Bei seinen Reisen nach Polen oder in die Ukraine sei es schon vorgekommen, dass er ein Testspiel anschließend auf dem Hotelzimmer im Fernsehen sehen konnte. In Deutschland arbeiteten die Medien dagegen hart an der „self fulfilling prophecy“, dass kein Sport eine Chance gegen den Fußball habe.
Was die Relevanz des Frauen-Basketballs, vor allem wirtschaftlich in Sachen Sponsoren, angehe, „sind wir dabei, das im Mikrokosmos zu ändern“, sagt Janson. Mit Testo sei es gelungen, ein Unternehmen zu binden, dass nicht nur eine US-beeinflusste Kultur des Stiftens als gesellschaftliche Verantwortung pflege, sondern sich auch durchaus als attraktiver Arbeitgeber für die Studenten auf der Tribüne bewerbe.
Mit der Ökostromgruppe Freiburg als Hauptsponsor sei ein Partner gefunden, der Frauen-Basketball einsetzt, um für Unabhängigkeit zu werben. Der Etat von 300.000 Euro speist sich zu zwei Fünfteln aus Sponsoring, und zu je einem Fünftel aus städtischer Hilfe, Spieltagseinnahmen und anderen Quellen. Seine eigene Unabhängigkeit bezieht Janson aus der „inneren Ruhe“, die ihm sein Brotberuf als Gymnasiallehrer ermöglicht.
Aber auch daraus, dass er niemandem einen Meistertitel liefern muss, sondern andere Ziele verfolgt – für seine Schützlinge wie für den Standort Freiburg, aber auch den Basketballsport allgemein. Er sagt, er freue sich darauf, jetzt wieder seinen Platz an der Seitenlinie einzunehmen, sein Führungsverständnis stützt sich auf die Arbeit des gesamten Trainerteams.
Und eine zunächst beobachtende Rolle im Coaching, wie die Arbeit der vorangegangenen Woche umgesetzt wird. Er wirkt nach Jahrzehnten im Freiburger Basketball unvermindert motiviert, sich das alles anzutun. Wenn es eines gibt, das ihn abschrecke, sei das allenfalls die Tristesse mancher Autobahnrast um drei Uhr morgens nach einem missglückten Auswärtsauftritt. Auch das ein Teil des Leistungssports.