netzwerk südbaden: Herr Feicht, Ihre „Lust auf Gut“-Magazine erscheinen inzwischen in zahlreichen Städten Deutschlands. Man kann ohne Übertreibung von einer echten Erfolgsgeschichte sprechen. Dabei ist das Magazin nahezu frei von redaktionellen Inhalten, jedoch voll von tollen Bild- und Designstrecken über Unternehmen. Das Ganze ist aber weit weg von klassichen Zeitschriften-Konzepten, die versuchen über einen guten, redaktionellen Teil Anzeigenkunden zu gewinnen, die das Blatt finanzieren. Was ist denn eigentlich das Konzept von Lust auf Gut?
Thomas Feicht: Alle rufen nach neuen Wegen – dabei muss man sie nur gehen. Schon 1978 haben wir damit angefangen. Damals hieß das Magazin INSTANT. Auch dort haben wir andere Macher und Unternehmungen gelobt, nicht wie in Deutschland so gerne geübt, also nicht kritisiert. Es war mal eine Speisekarte, mal ein Kunstkatalog, auch mal ein Geschäftsbericht. Der verwirrende Claim war: INSTANT ist keine Zigarette. LUST AUF GUT ist eine Position gegen „Geiz ist geil“ und die Billig-Billig-Manie. Eine Position für den Mittelstand. Wir haben keine gelernten Rubriken, wir mischen „Klassische Kultur“ (Theater, Tanz, Literatur – natürlich auch Soziales) mit der „Auftrags-Kultur“ (Architektur, Fotografie, Mode – aber auch Zahnärzte, Steuerberater und Winzer), mit “Klassischer Kultur“ (Marken die ihre Produkte pflegen und hoch halten) und nicht zu vergessen mit den „Vertriebsformen“ (Galerien, Läden, Internet-Vertriebe). Wir trennen nicht klassisch Redaktion und Werbung. Bei uns ist ALLES Werbung oder sagen wir besser es sind Selbstdarstellungen.
netzwerk südbaden: Wie kommt das Blatt eigentlich zu den Lesern?
Thomas Feicht: Wir sind ja ein Netzwerk. Also kommen die Magazine über die „Einwohner“ der Republic of Culture, die GUT-Macher an laute GUTE Leser oder auch Schauer – wir sind ja sehr visuell. Die GUT-Macher verschenken, verschicken, übergeben oder legen ihre Belege aus. Und zwar bekommt jeder Mit-Macher 80 Magazine pro Seite. So haben wir einen GUTEN Vertrieb eigentlich keinen Streuverlust.
netzwerk südbaden: Die Freiburger Ausgaben von „Lust auf Gut“ sind ein grafisches Vergnügen. Dabei fällt uns immer wieder auf, dass auch Firmen vertreten sind, die ansonsten eher mit trögen Anzeigen in den Medien vertreten sind, wie viel Überzeugungsarbeit müssen Sie leisten, um Firmen so in „LaG“ kommunizieren zu lassen?

netzwerk südbaden: Wer durch „Lust auf Gut“ blättert, könnte meinen, dass die Beiträge quasi kuratiert sind, wie bei einer Kunstausstellung. Sind die Unternehmen tatsächlich irgendwie ausgesucht oder kann eigentlich jeder mitmachen, der bereit ist, eine Anzeigenstrecke zu buchen?
Thomas Feicht: Es gibt da schon eine kräftige Bremse. Denn so einfach zu buchen sind wir nicht. Potentielle Mit-Macher werden uns empfohlen und mit allen reden wir. Aufwendig, aber es lohnt sich. Die meisten entwickeln dann LUST am Kommunizieren oder wir entwickeln gemeinsam am Tisch eine Kommunikations-Idee. So ist das auch im Internet – da sind es die Für-Sprecher mit ihren Empfehlungen – aber das muss man sehen www.lust-auf-gut.de Es ist ein schönes Bild – der Kunstkatalog – Danke. Wir legen alle Seiten am Ende auf dem Boden nebeneinander und sortieren nach Farbe, Inhalt und auch Themen. So entsteht eine Melodie. Vorne und Hinten muss es gleich GUT aussehen. Aber das geht nur ohne Rubriken wie Politik, Sport, Gesundheit, Urlaub oder so.
netzwerk südbaden: In immer mehr Städten erscheinen Ausgaben von „Lust auf Gut“. Werber sind ja bekannt dafür Visionen zu haben, was ist Ihre? „Lust auf Gut“ für jede deutsche Stadt?
Thomas Feicht: Das sehen wir ganz entspannt. Wir lizensieren ja unser Konzept und warnen immer vor der vieeeeelen Arbeit. Und wir machen mit den „Botschaften“ in den anderen Städten immer mehrere Gespräche und dann ein kleine Aufnahmeprüfung. Auch treffen sich alle Agenturen einmal im Jahr in Frankfurt zum Austausch. Zu den nächsten Stadt-Ausgaben – diesen Herbst erscheint die 1. Ausgabe in Hamburg und in Köln vielleicht schon die zweite Ausgabe. 2016 wird Nürnberg auf jeden Fall dabei sein. Jetzt machen wir ja schon die 2. Ausgabe eines Specials „Herzschlag“ Oberrhein in Deutsch und Englisch und von Basel bis Karlsruhe. Das ist schon eine ordentliche Herausforderungen, die wir nur mit den Kollegen in Lörrach, Offenburg und Karlsruhe schaffen. Und gerade realisieren wir ein Special Handwerks-Kultur mit der Handwerkskammer Freiburg, Handwerkern, Künstlern, dem Augustiner-Museum, der Münsterbauhütte und dem Freiburger Theater. Darauf sind wir besonders stolz. Aber wir haben auch noch einiges vor. Den ersten Kaffee haben wir schon mal mit LUST AUF GUT gebrandet. Lassen Sie sich überraschen. Wir sind wie der Wind.
netzwerk südbaden: Sie haben auch eine „Republic of Culture“ ausgerufen. Das ist natürlich ziemlich dick aufgetragen, gleich eine Republik auszurufen. Was hat es damit auf sich? Und sind Sie der Präsident?
Thomas Feicht: Lustig. Aber klar – das ist unser Gedanken-Modell dahinter und etwas komplex. Vielleicht hilft dabei der Claim (hatten Sie unterschlagen): Qualität ohne Grenzen. In aller Kürze: wir leben im und mit dem Globalismus und parallel sind wir schon in einem neuen Regonalismus angelangt – jeder spürt das am Thema der Ernährung. Aber wir haben mit Menschen gleicher Haltung oft mehr gemein als mit unserem Nachbarn.
Ach so – was ich da bin – hmm – neben dem Unruhegeist – da langt mein Lieblingsberuf: Lober
Zur Person
Der gebürtige Stuttgarter hat nach einer Schriftsetzerausbildung und dem Grafikstudium 1985 seine eigene Agentur „Trust“ in Frankfurt gegründet, die bald zu einer der bedeutendsten in der Republik wurde. Feicht war überdies 9 Jahre lang Präsident des Deutschen Design Clubs. Er lebt und arbeitet in Freiburg und Frankfurt.
Das Interview ist in der aktuellen Printausgabe von netzwerk südbaden erschienen.