Das Medizinische Versorgungszentrum Clotten in Freiburg ist Südbadens größtes medizinisches Labor und damit einer der zentralen Orte im Kampf gegen die Pandemie – mit tausenden Corona-Tests täglich. Über ein herausforderndes Jahr.
VON DANIEL RUDA
Anfang November war es, da passte die Politik die Corona-Teststrategie zuletzt neu an. Seither wird bei leichten Symptomen nicht mehr gleich ein Coronatest durchgeführt, sondern eine fünftägige Isolation empfohlen. Das Ziel dahinter: Die Testkapazität soll nicht überstrapaziert werden.
Damit erhörte die Politik die Hilferufe aus den Laboren. Sie waren in den Tagen davor an ihre Grenzen gestoßen, weil mehr Proben reinkamen als sie direkt abarbeiten konnten. Auch beim Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Clotten in Freiburg war das so. „Wir sind nicht mehr hinterhergekommen“, sagt Christian Haas, Leiter des mit 230 Mitarbeitern größten Labors in Südbaden.
Unnötige Testungen überlasten die Labore
Rund 19.000 Abstrichproben kamen in einer Woche an, es bildete sich ein Rückstau von bis zu 3000 Tests, bundesweit stauten sich in dieser Zeit insgesamt fast 100.000 Abstriche. „Gerade in einer exponentiellen Phase ist es wichtig, dass die Labore nicht völlig überlastet werden mit Testungen, die nicht unbedingt nötig sind. Es ist einfach eine Frage der Kapazität“, sagt Haas beim Gespräch in den Tagen vor dem ersten Advent.
Gearbeitet wird 24 Stunden lang, sieben Tage die Woche. Anders sei es nicht zu schaffen. Eine inzwischen „strukturierte Belastung“ nennt Haas das pragmatisch, so lange man noch hinter-herkomme. Das ist zu diesem Zeitpunkt wieder der Fall, da sind es gerade rund 12.000 Corona-Tests, die das MVZ in der Woche durchführt.
Je näher Weihnachten rücke, desto höher dürfte die Belastung aber wieder werden, ist sich der 54-Jährige sicher. Vor den Feiertagen werden sich mehr Menschen testen lassen, weil sie Gewissheit haben wollen, ob sie das Virus in sich tragen oder nicht. In Baden-Württemberg leben etwa elf Millionen Menschen, die Kapazität der Labore reicht momentan für rund 25.000 PCR-Testungen am Tag aus.
„Dann wird wieder emotionaler Druck auf den Testungen liegen, das werden wir spüren“, sagt Haas mit Blick auf diese Tage. Menschlich könne er den Drang zum Testen nachvoll-ziehen, wegen des quasi ständig drohenden Kollaps’ der Testkapazitäten hat der Mediziner aber Sorgen.
„In einer ganzen Influenza-Saison haben wir zuletzt 4000 PCR-Tests gemacht. In der Coronakrise machen wir inzwischen bis zu 3000 in der Spitze am Tag.“ In den vergangenen Monaten habe sich das Labor organisatorisch und technisch so gut wie möglich aufgestellt, erzählt der Mediziner im Rückblick. Das ganze Jahr war ein Kraftakt.
Seinen Mitarbeitern ist er dankbar dafür, „dass sie standgehalten haben“. Das sei manchmal schwer zu ertragen gewesen, die Erschöpfung und Belastung zu sehen und zu wissen, dass das noch so weitergehe, erzählt Haas.
„Gerade in einer exponentiellen Phase ist es wichtig, dass die Labore nicht völlig überlastet werden mit Testungen, die nicht unbedingt nötig sind“
Laborleiter Christian Haas über die Schwierigkeit bei der Testkapazität.
Er erzählt von den Phasen, als in der Telefonzentrale Anrufer ihrem Ärger Luft machten, weil ihnen das Testergebnis nicht schnell genug vorlag, oder sich in Sozialen Medien Groll entlud, während im Labor Tag und Nacht über der Kapazitäts- und Belastungsgrenze gearbeitet wurde. „Auf der anderen Seite haben wir aber auch Wertschätzung verspürt“, betont er. Medizinische Fachkräfte werden eingestellt, wo es nur geht. Dazu kommen weitere neue Mitarbeiter, zum Beispiel für das Auspacken der eingesendeten Proben. Weil eben jeder Arbeits-schritt in diesem System von Bedeutung ist und Zeit braucht. Die quasi immer fehlt.
Corona-Testergebnis soll innerhalb von 24 Stunden feststehen
Ein Testergebnis muss an Arztpraxen und im Positiv-Fall, im Schnitt also bei jedem zehnten Test, möglichst schnell auch an Gesundheitsamt und Corona-App gemeldet werden. Die Getesteten können auch selbst auf der Website des MVZ ihr Testergebnis einsehen. Das Ziel ist, dass es innerhalb von 24 Stunden feststeht. Auf einigen der Informationswege warte aber ein „Bürokratiemonster“, das einige Schritte kompliziert und fehleranfällig werden lasse, sagt Haas.
Umso mehr, wenn dann auch noch der Rückstand des deutschen Gesundheitswesens in Sachen Digitalisierung ins Spiel kommt. „Mit den Arztpraxen sind wir technisch gut verknüpft, aber eine Infektionsschutzmeldung ans Gesundheitsamt müssen wir bislang per Fax machen und die Daten zum Teil händisch eingeben“, sagt Christian Haas. Pläne, ein elektronisches Meldesystem für den Infektionsschutz einzuführen, gebe es in Deutschland schon seit acht Jahren.
Wie ein „Außenminister“ für das Labor fühle er sich in diesem Jahr, sagt Haas. Die Kommunikation in alle Richtungen nimmt den Großteil seiner Arbeitszeit ein – mit Behörden, Krankenhäusern, mit Ärzten und auch der Landesregierung. Für Privates blieb da in diesem Jahr nicht viel Zeit. An seinem Geburtstag im Frühjahr telefonierte er um 23 Uhr zum Beispiel mit einem Landrat.
Und quasi nebenbei muss der normale Betrieb auch noch funktionieren, und der ist ein großes Gewerk. Denn rund weitere 100.000 Labortests abseits von Corona werden täglich im Auftrag von Ärztinnen und Kliniken abgearbeitet. „Die medizinische Grundversorgung muss weitergehen, auch wenn Corona quasi alles bestimmt.
Haas setzt viel Hoffnung auf die Impfungen und ist optimistisch, dass das eine Verbesserung der Pandemiesituation bringen wird. Auf das Labor werde das aber in den nächsten Wochen und Monaten keinen Effekt haben. „Der Winter wird uns allen noch viel abverlangen.“
2 Kommentare
Sehr geehrtes Clotten Team
ist es möglich direkt bei Ihnen eine Blutentnahme und einen PCR Test
ausführen zu lassen?
Ich würde gerne in eine Ferienwohnung am Meer in die Bretagne fahren.
Wieviele Tage vorher muss ich mich melden?
Mit lieben Grüßen
Carola Waldvogel
Liebe Frau Waldvogel,
am besten wenden Sie sich mit Ihrem Anliegen direkt an das Unternehmen: https://www.labor-clotten.de/
Wir haben Ihre Adresse zu Ihrem eigenen Schutz aus Ihrem Kommentar entfernt.
Herzliche Grüße
Team netzwerk südbaden