In diesem Jahr findet der Freiburger Mittelstandskongress erneut mit hochkarätigen Referenten am 12. Oktober im Konzerthaus Freiburg und erstmals unter der Regie der Zentgraf Gruppe statt. Das Motto 2022 lautet „Update Megatrends“.
INTERVIEW: RUDI RASCHKE
Ein Gespräch mit Doris Sibum, die innerhalb des Kongresses an der Podiumsdiskussion „Wie wollen wir in Zukunft leben?“ teilnimmt. Doris Sibum ist Gesellschafterin und Aufsichtsratsvorsitzende des IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gGmbH, Berlin.
Auf einem Podium beim Freiburger Mittelstandskongress sprechen Sie zur Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Ohne die Gesprächsrunde vorwegzunehmen: Wie lässt sich für diese Zukunft ein optimistischer Wunsch formulieren?
Eine optimistische Zukunft ist aus meiner Sicht eine, in der unsere Städte begrünt und klimaresilient sind, ein Ort der Vielfalt und kurzen Wege, wo öffentliche Räume eine hohe Aufenthaltsqualität haben und zur Begegnung einladen, und wo der Zugang zu den Funktionen der Stadt – von Wohnen über Arbeiten bis zur Versorgung – den Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht und Einkommen gegeben ist. Dieser optimistische Wunsch ist auch nicht komplett unrealistisch. Um ihn zu erreichen, bedarf es jedoch einer aktiven Zukunftsgestaltung, die sich den durchaus großen Krisen und Herausforderungen im Heute stellt.
Und was bedeutet dies für den Mittelstand, der Gegenstand dieses Kongresses ist?
Dem Mittelstand kommt hier schon eine bedeutende gestaltende Funktion zu. Hier mal zwei Beispiele: Eine begrünte Stadt bedeutet auch, dass – wo möglich – die Dächer oder Fassaden der Gewerbegebiete bepflanzt werden. Mehr Klimaresilienz bedeutet aber auch, dass wir anders mit unseren Rohstoffen haushalten und uns mehr in Richtung Kreislaufwirtschaft entwickeln. Für den Mittelstand gilt es hier, die Produktion umzustellen und vor allem auch Produkte anzubieten, die repariert und restlos wiederverwertet werden können. Auch kann das Leihen und Tauschen von Konsumgütern ein interessantes Geschäftsmodell für mittelständische Unternehmen werden.
Geben Sie uns einen kurzen Einblick in Ihre Arbeit: Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind die Stadtentwicklung, das Zusammenleben und die Arbeit der Zukunft: Wie eng hängen diese gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Themen nach Ihren Erkenntnissen zusammen?
Dass wir Arbeiten, Wohnen, Freizeit und Versorgung zu sehr getrennt gedacht haben, ist eine der Ursachen für heutige Probleme in unseren Städten. Wir legen lange Wege zurück vom Wohnort zum Arbeitsplatz, zum Kindergarten oder zum Einkaufen. Diese funktionale Trennung müssen wir aufheben, wenn wir den vorhin genannten Wunsch lebendiger und lebenswerter Städte realisieren wollen. Fachleute sprechen dabei von Nutzungsmischung oder auch von der „10-Minuten-Stadt“, das heißt, dass man alles Lebensnotwendige innerhalb von zehn Minuten vom Wohnort aus erreichen kann.
Haben es kleine und mittlere Unternehmen leichter oder schwerer, sich auf die Zukunft einzustellen?
Gute Frage. Wenn ich darüber nachdenke, würde ich sagen, es gibt mehr Vorteile. Vereinfacht gesagt sind Schnellboote wendiger als große Tanker. Entscheidend ist, dass wir nicht den Kopf in den Sand stecken und so tun, als würden sich alle heutigen und zukünftigen Herausforderungen, ob Klimakrise, Energiekrise oder soziale Verwerfungen, irgendwie von allein regeln. Was wir brauchen, sind Mut und Experimentierfreude, und da würde ich schon auf den Mittelstand zählen wollen.