Der Künstler Olafur Eliasson ist mit seinen Installationen wie kein anderer Natur, Sinnen und Wahrnehmungsphänomenen auf der Spur. Erstmals findet jetzt eine große Ausstellung von ihm in der Region statt. Ab Ende April ist „Life“ bei der Fondation Beyeler in Riehen zu sehen.
VON Rudi Raschke
Zunächst einmal schafft es seit über zwei Jahrzehnten niemand so verlässlich, sich riesige Innen- und Außenräume anzuverwandeln wie der 1967 geborene Isländer: Egal, ob er eine gigantische Sonne in der nicht eben kleinen Turbinenhalle der Londoner „Tate Modern“ anschaltet, das barocke Winterpalais in Wien in einen schillernden Club verwandelt oder einen künstlichen Wasserfall hinter Schloss Versailles errichtet.
Die Ergebnisse sind meist atemberaubend, sie sind hochpopulär, manchmal auch ein bisschen wie eine Ausstellung von Naturereignissen im Stil der Zürcher „Phänomena“, die die älteren Mitbürger der Region noch in ihrer Schulzeit als Busausflug erleben durften. Böse Stimmen zu Eliasson klingen dann wie der Gäste-Eintrag eines anonymen Besuchers der Schau „In real life“ in London: „Ikea-Katalog trifft Jeff Koons“.
Mit „schillernd und beliebt“-Vorwürfen trifft man das Schaffen Olafur Eliassons aber nicht. Gerade „in real life“ hat gezeigt, dass jenseits von Gimmicks wie Spiegelkabinett und Spektrallicht eine sehr vielfältige Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung von Natur das Thema ist. Sei es bei 60 Meter langen Mooswänden, künstlichen Nebelräumen („your blind passenger“) oder anderen Auseinandersetzungen mit kontrollierten oder außer Kontrolle geratenen Elementen.
Immer ist da die Interaktion, die den Betrachter in eine Auseinandersetzung mit Natur jedweder Art verwickelt. Wie manche skandinavische Landschaftskunst vor ihm eben auch mit Naturextremen. Mit der Sonne in Londons Tate Modern („The Weather Project“) habe er 2003 den Rahmen gesetzt, was die Verknüpfung dieses Hauses mit genau einem Künstler angeht, schrieb die „Financial Times“ 2019.
Es war tatsächlich das Spektakel, das die beiden Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron aus Basel für die 200 Meter lange Turbinenhalle im Blick gehabt haben müssen, ohne es Jahre zuvor kennen zu können. Nicht nur, weil sich danach Carsten Höller, Tino Seghal und zuletzt Kara Walker zu ähnlich Aufregendem für das Hallenmonster inspiriert fühlten. Es schien auch das zu sein, was ein Museum im 21. Jahrhundert sein soll – „sozialer Raum, öffentliches Forum, eine zugängliche Arena für Spiel und Teilhabe statt passivem Zuschauen“ schreibt die FT.
Bei Eliasson wird nicht nur Partizipation groß buchstabiert, es ist auch die Kollaboration: Seine Ideen für die hohe Schlagzahl an Ausstellungen (in den vergangenen Jahren unter anderem an Großschauplätzen von München über Bilbao bis Tokio und Peking) bezieht er aus einer interdisziplinären „Factory“ in Berlin mit über 120 Mitarbeitern. Die Schau in Riehen ist als „grenzüberschreitende Erkundung unserer Vorstellungen von Natur und Kultur“ angekündigt. Sofern ganz physische Grenzüberschreitungen Richtung Schweiz in diesen Tagen möglich sein werden: Hingehen!