Die Rubin Mühle in Lahr ist die einzige Hafermühle in der Region. Sie bezieht viel Hafer aus dem Schwarzwald und der Baar. Und immer mehr aus dem Osten. Die Nachfrage nach Haferprodukten steigt enorm.
VON SUSANNE MAERZ
Es rauscht laut, als ein Lkw seine Ladung in eine Öffnung des Hafersilos der Rubin Mühle in Lahr-Hugsweier kippt. Der Geruch von Getreide liegt in der Luft. Der Hafer wird über mehrere Stockwerke bis unters Dach des Silos transportiert. Unterschiedliche Maschinen reinigen, sieben und schälen ihn, sodass am Ende die Kerne übrigbleiben. Die meisten von ihnen werden später zu verschiedenen Flocken weiterverarbeitet.
Die Rubin Mühle ist eine von nur zwei Hafermühlen in Baden-Württemberg. Robert Rubin, der Großvater des heutigen Geschäftsführers Rolf Rubin, erweiterte 1948 die Weizenmühle, die die Familie seit Ende des 17. Jahrhunderts betreibt, um eine Hafermühle – die erste in Süddeutschland. Der Trend Porridge, also Haferbrei, zu essen, kam damals von der Schweiz langsam hierher. Nach und nach lief der Hafer dem Weizen den Rang ab. Längst rangiert er bei dem Familienunternehmen an erster Stelle, gefolgt von Weizen, Gerste, Roggen und Dinkel. Jeweils konventionell und bio.
„Wir benötigen deutlich mehr Hafer, als die Region uns liefern kann.“
Rolf Rubin, GEschäftsführer Rubin Mühle
„Haferflocken haben in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren eine starke Nachfrage erfahren“, sagt Rolf Rubin (63), der das Unternehmen gemeinsam mit seinem Neffen Christopher (45) in 14. beziehungsweise 15. Generation führt. Durch den Trend zu Milchersatzprodukten habe sich die Nachfrage nach Haferprodukten nochmals enorm verstärkt. Da Hafer einen höheren Fettanteil als andere Getreide hat, wird er besonders gerne als Milchersatz verwendet. Eine Folge davon: „Wir benötigen deutlich mehr Hafer, als die Region uns liefern kann“, sagt Rubin.
Schwarzwald und Baar mit Haferanbau-Tradition
Seine Mühle bezieht seit jeher viel Hafer aus dem Schwarzwald und von der Baar – beides angestammte Haferanbaugebiete. Dort sei das Klima gemäßigt, feucht und daher ideal. „Aber irgendwann waren die Gebiete nicht mehr groß genug für uns.“ Auch auf der Schwäbischen Alb und in Bayern kauft die Rubin Mühle Hafer ein. Doch die Strecken, die die Lkw zurücklegen mussten, um das Getreide nach Lahr zu bringen, wurden zu weit. „Daher haben wir uns entschieden, dem Hafer entgegenzugehen“, sagt Rubin.
2014 baute das Unternehmen eine Hafermühle im sächsischen Plauen. Zum einen, weil in Sachsen traditionell Hafer angebaut wird, zum anderen wegen der Nähe zu Tschechien, einem laut Rubin bedeutenden Haferanbaugebiet. Inzwischen verarbeiten am Standort in Plauen etwa 50 Frauen und Männer 50.000 Tonnen Hafer im Jahr. Rolf Rubin hofft, dass im Zuge des Green Deals der Europäischen Union der Haferanbau zunimmt. Denn dieser sieht eine Fruchtfolge auf den Feldern statt Monokulturen vor. „Hafer hat nicht den höchsten Ertrag, ist aber gut für den Boden“, sagt Rubin.
Cornflakes und Crispies
Die große Nachfrage nach Hafer ist nicht der einzige Grund, warum sich die Geschäfte der Rubin Mühle gut entwickeln. Seit den 1990er-Jahren produziert sie unter anderem aus Mais, Weizen und Reis auch Extrudate wie Crispies oder Kugeln und Flakes. Seit etwa zweieinhalb Jahren stellt die Rubin Mühle mit dem Verfahren der Extrusion zudem aus Weizen, Soja und Erbsen sogenannte Texturate für Fleischersatzprodukte her, die andere Unternehmen weiterverarbeiten. Auch hier kommt dem Unternehmen der Trend zu veganen Produkten entgegen.
Die Extrudate sind laut Rolf Rubin der Bereich, der am meisten wächst. Am Stammsitz in Lahr ist die Belegschaft auf rund 200 Beschäftigte gestiegen, die pro Jahr insgesamt 100.000 Tonnen Getreide verarbeiten. Tendenz steigend. Auf die Hafermühle – und damit vor allem auf Flocken, aber auch Mehl aus diesem Getreide – entfallen etwa 40 Prozent der Produktion. Extrudate machen 30 Prozent aus, Fertigprodukte in Bioqualität wie Flakes- oder Haferflockenpackungen 20 Prozent. Das klassische Mühlenprodukt Weizenmehl hat nur noch einen Anteil von zehn Prozent. Rund 120 Millionen Euro hat die Rubin Mühle 2021 umgesetzt. Das ist etwa doppelt so viel wie vor zehn Jahren.
Die Kunden der Rubin Mühle sind Unternehmen der Lebensmittelindustrie in ganz Europa. Dazu zählen alle großen Konzerne wie Dr. Oetker, Schwartau oder Nestlé ebenso wie viele mittlere Unternehmen. Sie verwenden die Extrudate beispielsweise für ihre Müslimischungen und -riegel, für Kekse oder Schokolade. Flakes- und Flockenpackungen gehen unter den Marken anderer Unternehmen direkt in den Handel. Dazu zählen die Bio-Haferfl cken von „Unsere Heimat“ von Edeka Südwest oder die Bio-Dinkelflocken von dm. Ein bedeutender Haferkunde ist die Black Forest Nature GmbH, Tochter der Schwarzwaldmilch, die seit 2020 Haferdrinks und andere Haferprodukte unter der Marke “velike” vertreibt.
Zurzeit verarbeiten Rolf Rubin und seine Mitarbeiter noch Getreide, das vergangenes Jahr geerntet wurde und das sie zu den damals üblichen Preisen gekauft haben. Nun steht die diesjährige Ernte an. Rubin rechnet mit „dramatisch höheren“ Preisen. Er geht davon aus, dass sich seine Kosten dieses Jahr nahezu verdoppeln. Die Folgen und auch die Auswirkungen auf das Verhalten der Verbraucher könne er noch nicht beurteilen.