Der SC Freiburg unterstreicht mit seiner Mitgliederversammlung seinen Status als außergewöhnlicher Verein.
Es war eine im Bundesliga-Vergleich mehr als harmonische Jahreshauptversammlung, die der Sport-Club Freiburg e.V. Ende Oktober im Freiburger Konzerthaus abhielt. Präsident Fritz Keller wurde mit überwältigender Mehrheit und lediglich 17 Gegenstimmen für drei weitere Jahre gewählt. Am Rande zeichnete sich jedoch auch ab, dass sich der Verein Gedanken um seine Struktur als eingetragener Verein macht. Bei 63,4 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete er einen Überschuss von 1,8 Millionen Euro.
Eine Mitgliederinitiative hatte den Ball ins Rollen gebracht: Sie wollte die Satzung per Änderung ergänzen: Bisher sieht der Club eine Ausgliederung des Profibetriebs als Kapitalgesellschaft nur mit einer 75-Prozent-Stimmenmehrheit der Mitglieder vor. Die Gruppe „Einzigartiger Sport-Club e.V.“ wollte noch einen Schritt weiter gehen und für den Fall einer Ausgliederung festlegen, dass die Mehrheit an einer solchen Kapitalgesellschaft zu 100 Prozent in Händen des e.V. bleiben muss. Klingt komplex, hätte aber verhindern sollen, dass sich Investoren oder Anteilsinhaber mit zu viel Einfluss am Spielbetrieb beteiligen.
Der Antrag wurde vor der Versammlung zwar zurück gezogen. Ganz offensichtlich haben die Initiatoren aber ein Etappenziel erreicht: In allen Wortbeiträgen, sei es durch Präsident Fritz Keller, den Finanzvorstand Oliver Leki oder aber Aufsichtsratschef Heinrich Breit, wurde deutlich, dass der SC Freiburg Investoren eine klare Absage erteilt und die e.V.-Struktur erhalten will. Der Verein hat auch zu verstehen gegeben, dass er sich auch auf Liga-Ebene für einen Erhalt der 50+1-Regel einsetzen wird. Sie verhindert die Übernahme von Mehrheitsanteilen an Clubs. Ein Nachdenken über eine Ausgliederung, wie sie 15 der 18 Bundesliga-Vereine bereits hinter sich haben, behält er sich aber vor.
Fritz Keller würdigte in seiner einstündigen Ansprache die sportlichen Erfolge des Clubs im abgelaufenen Geschäftsjahr. Im der Versammlung, die mit 631 Mitgliedern im Konzerthaus einen Rekordandrang verzeichnete, zitierte er Studien, die, wenn auch wenig belastbar, den SC auf Platz 3 der deutschen Fußball-Marken und auf Platz 1 der Sympathietabelle sehen. Keller stellte Ideen für ein SC-Nachwuchszentrum im Elsass vor. Und er äußerte nicht nur ein klares Bekenntnis zur genannten 50+1-Regelung, sondern forderte auch Ethik-Regeln für potenzielle Investoren bei anderen Bundesliga-Clubs, für die er sich auf Bundesebene einsetzen wolle.
Keller, der es volksnah schafft, den Begriff „Seriösität“ und die Redensart „zeigen, wo der Bartel den Most holt“ in ein und demselben Satz zu verknüpfen, schloss mit einem Appell an die künftigen Anwohner des neuen Stadions im Freiburger Westen, denen der Verein ein guter Nachbar sein wolle.
Oliver Leki, für die Finanzen zuständiger Vorstand, griff dies später auf, als er sich in seinem Bericht zum Neubau äußerte. Die immer noch andauernden Kämpfe gegen das per Bürgerentscheid demokratisch legitimierte Stadion bezeichnete er ungewohnt deutlich als „widerliche Störfeuer“. Zur möglichen Eröffnung sagte er, dass im zweiten Quartal 2018 die Baugenehmigung erwartet werde, vorbehaltlich noch ausstehender Klagen deutete er eine Eröffnung für den Winter 2019/20 oder den Sommer 2020 an.
Leki ging vor allem auf die Marktmechanismen im internationalen Fußball ein, die aktuell „außer Kraft gesetzt“ seien. Für den Sport-Club versprach er, dass es hier „keine Exzesse“ geben werde, der SC müsse seinen Weg finden, ohne nach Investoren Ausschau zu halten. Die Ausgliederung sei „nicht gewollt“, es müsse das „Vereinsinteresse vor dem Interesse Einzelner stehen“.
Die Zahlen, die er präsentierte, sahen einen Umsatz von 63,4 Millionen Euro bei einem Überschuss nach Steuern von 1,8 Millionen. Im vorvergangenen Geschäftsjahr hatte dieser in der Zweiten Liga
noch 49,2 Millionen Euro betragen (Gewinn 2,2 Millionen Euro), im letzten Erstligajahr zwei Spielzeiten davor waren es 78,7 Millionen (13,2 Millionen Gewinn). Zuwächse verzeichnete der Verein demgegenüber beim Ticketing und im Sponsoring. Rückgänge gab es im Vergleich zur letzten Erstliga-Spielzeit bei den TV-Einnahmen und den sonstigen Erlösen, in denen Transfers enthalten sind. Damit steht der Verein kerngesund da.
Jochen Saier, Vorstand Sport, löste sich in seinem Beitrag von der Berichterstattung über Zahlen und Platzierungen und ging auf die Aussichten im deutlich gewandelten Fußballgeschäft ein. „Mondsummen“, so Saier, seien nicht nur für den Transfer des Spielers Neymar nach Paris aufgerufen worden, sondern auch für potenzielle Bundesliga-Profis, die sich der SC nicht mehr leisten konnte. Er sprach von „Fliehkräften im Markt“, die im Sommer für viele Absagen bei Transfers gesorgt haben. Zugleich bekräftigte er unter großem Applaus, dass der SC dieses Spiel „nicht mitmachen“ werde, sich nicht treiben lassen und die Leitplanken beibehalten werde. Das Selbstverständnis sei immer mehr das eines „Aus- und Weiterbildungsvereins“, die Qualität eines Maximilian Philipp, der im Sommer für kolportierte 20 Millionen Euro nach Dortmund ging, könne ohnehin nicht fertig eingekauft werden. Sie entstehe, wenn Spieler am Standort weiterentwickelt werden.
Heinrich Breit, einstiger Schatzmeister des SC und seit drei Jahren Aufsichtsratschef, legte nach kurzen Ausflügen zur e.V.-Problematik und einer Absage an kurzfristige Erlösquellen sein Augenmerk auf die Rolle des Aufsichtsrats. Er müsse auch beim SC ein „unangenehmer Ansprechpartner“ sein. Breit erläuterte aus diesem Selbstverständnis seine Forderung nach einem absolut professionell von hauptamtlichen Vorständen geführten Verein, an deren Seite ein ehrenamtlicher Präsident sein Amt in erster Linie repräsentativ, aber mit Vetorecht, ausführt. Dies müsse im Sinne der Satzung gelebt werden. Wenn nicht, werde er mittelfristig eine Ausgliederung empfehlen. Mit diesem überdeutlichen Hinweis zur Aufgabenverteilung schlug er vor, Fritz Keller für eine weitere Amtszeit von drei Jahren zu wählen. Dies geschah dann auch mit dem Ergebnis von 17 Gegenstimmen und 27 Enthaltungen. (rr)