Das Romantik Hotel Spielweg im Münstertal wird seit Anfang April dieses Jahres von den Töchtern Fuchs geführt. Eine Neuausrichtung wird deswegen allerdings nicht angestrebt.
Von Katharina Müller
Es ist Sommeranfang, die Vögel zwitschern, die Bienchen fliegen, es grünt und blüht. Wie eh und je liegt das Romantikhotel mit Restaurant im ländlichen Idyll, weit hinten im Münstertal bei Staufen. Für Außenstehende ist es nicht sichtbar, nur das Impressum auf der Homepage verrät demjenigen, der aufmerksam die Namen in der Geschäftsführung liest, dass der Spielweg übernommen wurde:
Seit Anfang April leiten Kristin (28) und Viktoria Fuchs (26) offiziell den Familienbetrieb, führen die Tradition der renommierten Adresse in der sechsten Generation fort.
Kein großes Aufsehen, keine Medieninformation, kein Zeitungsartikel, aber nun ein erstes Interview mit netzwerk südbaden: Vergnügt, authentisch und so sympathisch wie die positiven Gästebewertungen auf Facebook das Bild der beiden Schwestern zeichnen, sitzen sie auf den rustikalen Holzstühlen, erzählen und beantworten alle Fragen, die sich stellen, wenn zwei junge, motivierte und agile Frauen ein alteingesessenes Hotel und Restaurant übernehmen.
Professionell, schlagfertig und schließlich sogar recht amüsiert reagieren sie auf die Frage, ob nun ein neuer Wind weht, ob sie gedenken etwas umzukrempeln und neue Trends mitzumachen und als Konzept einzuführen und umzusetzen.
Kristin Fuchs, die für den Service zuständig ist und das Hotel führt, lacht und sagt: „Erstmal arbeiten unsere Eltern natürlich schon noch mit. Hier herrscht Arbeitsteilung, wir entscheiden gemeinsam, wenn wir etwas verändern wollen, am Konzept wird allerdings nichts umgestellt.“
Denn, wenn man sich derzeitige Trends in der Gastronomie ansehe, dann gehe es insbesondere um regionale Zulieferer, saisonale Produkte, die nachhaltig und vollständig verarbeitet werden und um eine intensive Gästebindung.
Das sei definitiv kein Neuland für den Spielweg, sagt Kristin Fuchs, die ältere der beiden Schwestern: „Wir brauchen uns nicht umstellen, denn wir machen das, was gerade überall zum Trend geworden ist schon seit einigen Jahrzehnten.“
Ein gutes Beispiel dafür sei die Käserei: „Vor 22 Jahren hat unser Vater damit begonnen, Käse selbst herzustellen. Damals fanden das alle ziemlich verrückt. Heute hingegen sorgt das für unglaubliche Begeisterung. Genauso ist es mit der alten Stube. Noch vor 10 Jahren kamen die Leute zu meinen Eltern und sagten, der Raum müsste modernisiert werden. Viele empfanden diesen sehr unzeitgemäß und nun finden ihn alle urig und außergewöhnlich schön. Jetzt sind wir froh, dass unsere Eltern das so belassen haben. Wir sind uns bewusst, wie es bisher funktioniert hat. Daran werden auch wir festhalten.“
Es gebe eben Dinge, die man nicht ständig verändern müsse. Kristin Fuchs trägt ein Dirndl und sagt auch, dass der Kontakt mit jedem einzelnen Gast sehr wichtig sei, ob im Restaurant oder im Hotel.
Plötzlich Kofferrollen, es wird laut auf dem Gang, Stimmen sind zu hören. Beide unterbrechen das Gespräch, springen auf: Es checken Gäste aus. Persönliche Verabschiedung mit Smalltalk, gute Wünsche für die Heimreise und Händeschütteln. Eben das, was ein kleineres familiäres Hotel ausmacht.
Von den Geschäftsführern persönlich begrüßt und verabschiedet werden. Dann kehren sie für das Gespräch zurück an den Tisch. Was sie dadurch bewirken, ist ihnen durchaus bewusst: Gerade diese persönliche Ebene und das Besondere mache im Wettbewerb mit großen Hotelketten den Unterschied aus. Es sind jene Werte, die inzwischen marketingsprachlich abgenutzt und wie tausendmal gesagt klingen und trotzdem bleiben sie hier keine Worthülsen, sondern füllen sich mit Inhalt und werden wie eben offensichtlich:
Authentizität und persönlicher Kontakt.
Woher kommt das und wie entsteht eine solche Einstellung, die so ehrlich wirkt?
Vielleicht, wenn man viele Jahre in der Welt unterwegs, an verschieden Orten war und unterschiedliche Betriebe kennengelernt hat. Kristin Fuchs hat ein abgeschlossenes BWL-Studium, hat aber auch immer in der Gastronomie- und Hotellerie gejobbt, mal hier, mal da, von Kanada bis Südafrika und schließlich dann wieder im Münstertal: „Es war überhaupt nicht von Anfang an klar, dass ich hierher zurückkommen werde und den Spielweg mit Viktoria übernehme. Wir sind zwar beide hier aufgewachsen, aber es war weder so geplant, noch ein Zwang. Unsere Eltern ließen uns immer große Freiheiten, wir mussten kaum mithelfen, wir konnten immer unterwegs sein.“ Mit der Zeit und den Erfahrungen aus den Hotels im Ausland allerdings habe sie ihre Rolle dann irgendwann im Service gesehen. Der Umgang mit Gästen mache ihr einfach Spaß.
Viktoria Fuchs hingegen wusste schon immer, dass sie Köchin werden wolle, erzählt sie grinsend. Mit diesem eisernen Willen zog sie los, lernte im Zweisterne-Restaurant bei Douce Steiner in Sulzburg, ging in unterschiedliche Betriebe und damit ihrer Leidenschaft nach. Immer mit dem Ziel, im Spielweg zu arbeiten, um das weiter zu führen, was ihr Vater begonnen hatte. Die 26-Jährige sagt: „Solange ich zurückdenken kann, weiß ich, dass ich mit Lebensmitteln zu tun haben will. Das ist meine Leidenschaft. Natürlich war das auch eine harte Schule, aber ich wollte es so. Mir hat das nichts aus-gemacht, obwohl ich dafür auf viel verzichtet habe. Wenn man etwas so sehr will und eine Leidenschaft dafür entwickelt hat, dann stört die Arbeit plötzlich nicht mehr, dann fühlt sich das nicht nach Anstrengung an.“
Heute sehen das beide so. Und ein bisschen klingt das nach der vielzitierten „Generation Y“. Junge Menschen, die in der heutigen Arbeitswelt zu hohen Anstrengungen bereit sind. In dem Moment, wenn Leidenschaft, Interesse und Arbeit in einem Bereich zusammenfallen, steigt die Leistungsbereitschaft und der Lebensgenuss gehört da untrennbar mit hinein: Dann hat auch Freizeit plötzlich mit dem Job zu tun. Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatheit verschwimmen.
Und was ist mit der Work-life-Balance?
Kristin Fuchs erklärt: „Urlaub kommt nur in den Ländern in Frage, die auch kulinarisch etwas zu bieten haben“, zeitgleich mit den Flügen werden die Tische in Restaurants reserviert, gelebte Esskultur als wichtigster Programmpunkt der Urlaubsplanung. Viktoria Fuchs ergänzt: „Um interessant zu bleiben, muss man auch immer wieder Neues probieren.“ Die 26-Jährige, die nach dem Spaziergang mit dem Hund morgens um neun als Chefin in der Küche steht, sagt, dass ihr Abwechslung auf der Karte sehr wichtig sei.
Ein Blick dorthin verrät, dass der letzte Thailandurlaub tatsächlich seine Spuren hinterlassen hat: Statt in Wein schmoren die Rinderbäckle in Curry-Sauce, dazu gibt es Basmatireis und Gemüse, die Gewürze sind Zitronengras, frische Minze und Koriander. Das Wildschwein wird als Dim-Sum serviert, ein klassisches Gericht aus der chinesischen Küche, mit Knollengemüse, Zuckerschoten, Zitronengras und Soja-Sauce. Internationale Spezialitäten und regionaler Klassiker.
Eine vielfältige Karte, wie sie nur wenige Restaurants in der Region anbieten. Viktoria Fuchs sagt, sie lasse sich inspirieren von der asiatischen und orientalischen Küche und variiere gerne mal die etablierten Gerichte auf ihre Weise, die Ideen dafür kommen dann eben auch mal im Urlaub.
Das A, B, C eines zeitgemäßen und damit auch digitalen Marketings ist allerding ein Trend, auf den die beiden aufgesprungen sind und der auch beherrscht wird: Insbesondere auf Facebook, aber auch auf Instagram, eine Plattform zum Teilen von Foto und Videos, wird intensiv gepostet – manch einer der 45 Mitarbeiter steht dafür Modell, gerade Azubi-Bilder sprechen junge Leute an.
Unzählige Motive im Spielweg eignen sich besonders und kommen gut an in einer marken- und marketingoptimierten Welt, die von Hochglanzbildern dominiert ist: Mit dem Hund in den Bergen wandern, Pilze sammeln, im blühenden Garten Kräuter ernten oder Käse selbst herstellen. Lockere Ansprache und Schnappschüsse aus dem Arbeitsalltag lassen Großstädter mit ihren Hochbeeten im urbanen Garten vor Neid erblassen.
Allerdings sieht man auf den Bildern nicht, welch ein Knochenjob auch dahintersteckt und wie wichtig dabei ein gutes Team ist, das mit anpackt und professionell mitarbeitet. Dass dieses Business nur gemeinsam zu schaffen ist, bestätigen Fotos und Hashtags mit dem Team: #havesomefunatwork, #feelgood, #workhard, #bestteam. Es ist also nicht jenes romantisch-verklärte Bild, das schon einmal vom aufstrebenden städtischen Bürgertum über das 18. Jahrhundert hinweg aufgerufen und in Welt der Handwerker und Bauern projiziert wurde, obwohl es ein hartes Leben war. Nein.
Zu vergnügt sitzen die beiden Schwestern beim Interview. Sie wirken zufrieden, fast schon erfüllt und sie wissen sehr genau, was sie wollen. Vielleicht wieder ein Gegenentwurf in der heutigen globalisierten und kurzlebigen Zeit, in der tausende Optionen darauf warten, angegangen zu werden.