Ein großzügiger Businessbereich, aber zu wenig Platz hinter der Südtribüne – was im neuen Stadion gut läuft und woran es hakt. Eine Bilanz nach der ersten Saison mit vollem Haus.
VON SUSANNE MAERZ
Der Businessbereich hat seine Bewährungsprobe bestanden: Die drei Ebenen mit zusammen rund 2000 Plätzen – davon 200 in den 20 Logen – sind zu einem festen Treffpunkt von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft geworden. Man kommt zum Plausch mit Familie, Freunden und Geschäftspartnern zusammen und bespricht auch mal Berufliches. Die Plätze sind komfortabel, das Essen schmeckt und die Getränke werden zügig gereicht. Einzig die Toiletten, berichten manche Gäste, hätten größer ausfallen können. Vor allem in den Pausen herrsche dort Gedränge und die Schlangen seien sehr lang.
Kein Wunder, denn der Andrang insgesamt ist groß: „Der komplette Bereich war vom ersten Moment an ausvermarktet“, berichtet Hanno Franke, Marketingchef des SC Freiburg. Wer Plätze – sie reichen von Flanierkarten über Teile von Tischen bis hin zur eigenen Loge – bekommt, ist als Partner oder Sponsor mit dem Verein verbunden. Nicht alle haben so viele Plätze bekommen, wie sie gerne gehabt hätten. Wie man hört, musste der Sport-Club in der vergangenen Saison Anfragen von 350 weiteren Unternehmen nach VIP-Plätzen ablehnen. Diese Zahl wollte Hanno Franke nicht kommentieren. Er sagte lediglich: „Wir werden das Gros der Nachfrage nicht bedienen können.“ Die überaus erfolgreichen letzten zwei Spielzeiten mit dem Erreichen des DFB-Pokalfinales vor gut einem Jahr und zuletzt der erneuten Qualifikation für die Europa League nennt er als Hauptgründe.
Damit sieht es im Businessbereich ähnlich aus wie auf den übrigen Sitz- und Stehplätzen: „5000 bis 7000 Dauerkarten mehr könnte man sicher verkaufen“, sagt Daniel Däuper, Abteilungsleiter Vertrieb und Services beim Sport-Club. Und das, obwohl das Stadion am Mooswald mit seinen rund 34.700 Plätzen etwa 10.000 mehr bietet als das an der Dreisam. Ist das neue Stadion trotzdem zu klein geplant? „Natürlich hätte man in der aktuellen Situation gerne mehr Plätze in allen Bereichen“, sagt Hanno Franke. Aber das Stadion sei schließlich auch für andere Zeiten ausgelegt. „Uns schien das unter Abwägung aller Argumente in der damaligen Situation eine gesunde Losgröße zu sein.“
Firmen feiern im Stadion
Der Businessbereich ist nicht nur an Spieltagen zu einem Treffpunkt geworden. Ob Kaisers Gute Backstube, AHP Merkle oder die Industrie- und Handelskammer – viele Unternehmen und Institutionen haben dort an spielfreien Tagen bereits ein Jubiläum oder anderes Fest gefeiert. Das war so an der Dreisam nicht möglich. Höchstens ein Dutzend Veranstaltungen mit maximal 120 Gästen gab es im alten Stadion. In den Hospitality-Bereich des Europa-Park-Stadions passen bis zu 1500 Gäste auf zwei Etagen. Bereits jetzt liegt die Zahl der Veranstaltungen deutlich über der im alten. Weitere Details nennt Franke nicht. „Es läuft gut an“, sagt er lediglich und berichtet von einer „sehr gute Nachfrage“. Anders als der Betrieb an den Spieltagen seien die Events erst nach und nach hochgefahren worden. Franke: „In diesem Bereich können und wollen wir weiter wachsen.“
Nicht nur im Hospitality-Bereich, auch im übrigen Stadion sind die Abläufe inzwischen eingespielt – die meisten wissen, wann sie wo am schnellsten und besten zu Pommes, Wurst, Bier oder auf die Toilette und wieder an ihren Platz kommen. Das war zu Beginn anders. Vor allen beim ersten komplett ausverkauften Heimspiel gegen den FC Bayern München nach dem Ende der Coronabeschränkungen im April 2022 herrschte im inneren Umlauf Chaos. Also in dem Bereich um die Tribünen herum, von dem man auf der einen Seite auf die Ränge und der anderen zu den Essens- und Getränkeständen, Toiletten sowie Ein- und Ausgängen gelangt. Vor allem hinter der Südtribüne, die 3000 Stehplätze mehr bietet als die alte Nordtribüne, reichten die Toiletten und das Cateringangebot bei weitem nicht aus. Auch als sich die Abläufe eingespielt hatten.
„Wir sind sehr schnell zu der Einsicht gekommen, dass vor allem der innere Stadionumlauf nicht die Dimensionen hat, die sinnvoll wären“, sagt Stadionchef Marcel Boyé. Daher reagierte der SC alsbald und stellte im inneren Umlauf mobile Getränkestände und im äußeren Umlauf vor der Nord-, Süd- und Osttribüne weitere mobile Getränkestände sowie Bierbänke auf. Diese werden von Bauzäunen abgegrenzt, die vor und während des Spiels nur vom Stadion aus zugänglich sind und so den inneren Umlauf entlasten – all dies ein Provisorium, dem der Verein ein Ende bereiten will.
Die Pläne des SC
Die Bauzäune sollen festen Zäunen mit Toren weichen, die nach den Spielen geöffnet werden können. Im Freien hinter der Nordtribüne sind fest installierte Stehtische geplant, hinter der Osttribüne überdachte Cateringhäuschen, bei denen auch Kartenzahlung möglich sein soll. Die provisorischen Biertische sollen fest installiert werden. Hinter der Südtribüne soll die Zäpflehütte samt der Toilettencontainer einem überdachten Verkaufs- und Aufenthaltsbereich inklusive Toiletten weichen. Auf dem Stadionboulevard ist zudem ein Biergarten ist geplant. Insgesamt soll die Aufenthaltsfläche für Fans um 5000 Quadratmeter vergrößert werden.
Dass auch vor und nach dem Spiel mehr Cateringinfrastruktur am Stadion nötig ist als zuvor, liegt nicht nur an der größeren Zahl der Zuschauer. An der Dreisam war neben den Stadionkiosken und der Zäpfle-Hütte vor allem die Vereinsgaststätte des PTSV Jahn Freiburg inklusive Außenbereich vor und vor allem lange nach dem Spiel Partyzone für viele Fans gewesen. Die Zäpfle-Hütte zog zwar mit um, ist nun aber zu klein.
Ab wann gebaut wird, steht noch nicht fest. „Für die Maßnahmen wurde ein Bauantrag beim Baurechtsamt der Stadt eingereicht und wird derzeit dort – unter Beteiligung diverser Ämter und Behörden – geprüft“, sagte Stefanie Werntgen, Pressesprecherin der Stadt Freiburg, Anfang August. „Wann diese Prüfung abgeschlossen ist, kann aktuell nicht gesagt werden. Vom Ergebnis hängt ab, ob die Planung nochmals angepasst werden muss und wann die Maßnahme umgesetzt werden kann.“ Beim SC rechnet man damit, dass es bis zu einem Jahr dauert, bis alles fertig ist.
Dass der Verein den Umlauf ausbaut, ist auch im Sinne der Fans. „Wir freuen uns hier auf eine dauerhafte Lösung, die zu mehr Platz für alle führt und auch die Versorgungssituation im Stadion entspannt“, sagt Helen Breit, Vorstand Fanpolitik der Supporters Crew, einem Interessensverband für aktive Fußballfans des Sport-Clubs.
Verhandlungen zwischen Köster Bau und Stadiongesellschaft
Unklar ist noch, wer die Kosten für die Umlauferweiterung trägt. Diese liegen laut Sport-Club im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Hinter verschlossenen Türen laufen derzeit Verhandlungen zwischen der Stadion Freiburg Objektträger GmbH & Co KG (SFG), die der SC Freiburg und die Stadt Freiburg für den Stadionbau gegründet haben, und der Köster GmbH aus Osnabrück. Köster war von der SFG 2017 mit dem Bau des Freiburger Stadions beauftragt worden. Worum geht es genau? „Wir sprechen mit der Firma Köster über eine Gesamteinigung. In der Diskussion spielt das Umlaufthema eine Rolle“, sagt Stadionchef Boyé. Zu Details wollten sich weder der Verein noch die Stadt Freiburg, Köster oder HPP Architekten, die das Stadion im Auftrag von Köster entworfen haben, äußern und verwiesen auf die laufenden Gespräche.
„Dass es bei solchen Großprojekten im Nachhinein zu Auseinandersetzungen kommt, ist nichts Ungewöhnliches, sondern eher die Regel“, sagt Nicolas Schill, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, der in Staufen mit Partnern eine Kanzlei betreibt, die auf solche Streitigkeiten spezialisiert, in diesen Fall aber nicht involviert ist. In 70 Prozent der Fälle gelinge eine außergerichtliche Einigung, berichtet er. Oft gehe es um die Vergütung, da es wegen Planungsänderungen in der Bauphase zu Mehrleistungen gekommen sei. Dass sich – wie nun beim SC – erst im Nachhinein herausgestellt hat, dass Teile des Stadions zu klein gebaut wurden, findet er indes bemerkenswert. Wie konnte es dazu kommen? Was haben Fachleute geprüft und was nicht?
„Grundsätzlich wurden diverseste Aspekte in der Planungsphase mit den Architekten und verschiedenen fachlich beteiligten Experten diskutiert, und es wurden in diesem Zuge naturgemäß viele Planungsentscheidungen getroffen“, sagt Jochen Tuschter von der SFG. „Und selbstverständlich wurden alle Aufenthaltsflächen, Wege und Treppen sowie Tribünenbereiche des Stadions und auch sonst alles entsprechend der geltenden fachlichen Normen und Gesetze geplant.“ Was ist Kösters Position zum Umlauf? „Wir haben aus unserer Sicht geliefert, was bestellt wurde“, antwortet Pressesprecher Dirk Bieler. Bei Uneinigkeiten gebe es aber immer mindestens zwei Wahrheiten.
Die Wand hinter Süd wird noch bunt
Noch nicht geklärt ist ebenfalls, wie die kahlen Betonwände hinter der Südtribüne und im Umlauf gestaltet werden sollen. Und auch hier tut sich einiges hinter den Kulissen. Die Fanvertretungen sind daran ebenfalls beteiligt. „Es ist ein wirklich zäher Prozess“, sagt Helen Breit von der Supporters Crew. „Aber wir sehen Licht am Ende des Tunnels.“ Erste Proben an den Stadionwänden hätten stattgefunden. „Wir sind guter Hoffnung, dass wir dieses Projekt also endlich im Laufe der kommenden Saison fertigbekommen und weniger graue Wände vor uns sehen.“ Zudem wünschen sich die Fans, dass die Essens- und Getränkestände, die Toiletten und die Trinkwasserbrunnen, die auf allen Tribünen installiert wurden, besser ausgeschildert werden.
Sind sie denn im neuen Stadion heimisch geworden? „Wir sind weiterhin dabei uns im Mooswaldstadion einzuleben“, sagt Helen Breit. „Wir hatten bereits wirklich großartige Spiele und die Stimmung ist weit besser als im Dreisamstadion. Aber es gibt auch noch viel zu tun, bis alles aus ganzem Herzen sagen können, dass das neue Stadion auch zum neuen Zuhause geworden ist.“
5 Kommentare
Wenn sie schon am Planen sind, sollte man überlegen ob keine Klappsitze besser wären , da es sehr eng auf den Tribünen zu geht
Man haette das Stadion ruhig auch fuer 40’000 bauen können. Was ist schlimm daran, wenn ab und zu nur halb oder dreiviertelvoll wäre ? Und soooo viel mehr hätte das auch nicht gekostet…..
Man haette das Stadion ruhig auch fuer 40’000 bauen können. Was ist schlimm daran, wenn ab und zu nur halb oder dreiviertelvoll wäre ? Und soooo viel mehr hätte das auch nicht gekostet…..
Da wird erst das Dreisamstadion jahrelang etappenweise vergrössert, dann lange diskutiert ob man ein neues Stadion braucht, ob man das finanzieren kann und will. Und dann hat man endlich ein neues, modernes Stadion und ist überrascht, dass es zu klein ist. Sehr schade.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass es in der nahen Vergangenheit bei Stadionneubauten genügend Beispiele gab, welchen Pullfaktor er bei Vereinen erzeugt. Bin überzeugt davon auch ein 45.000 Zuschauer Stadion wäre auf Dauer zu klein, wenn man die ganze Region im Auge hat.
Es wäre gut wenn man Parkplätze für behinderte auf jederzeit des Stadions hat. Ich bin bei Heimspielen meisten auf der Nordseite. Nach dem Spiel ist fast kein durchkommen bis zu P3. Ich hoffe man kann da mal etwas gagegen tun. Danke