Emils Bio-Manufaktur aus Freiburg stellt Dressings, vegane Mayo und Saucen, Senf sowie Ketchup her. Ihr Credo: null Zusatzstoffe, Bio-Qualität, gutes Aroma. Über zwei mutige Freunde und wie aus ihrer Idee ein Geschäft wurde.
Text: Christine Weis | Fotos: Alex Dietrich
Die Geschichte von Emils Bio-Manufaktur könnte aus einem Start-up-Lehrbuch stammen: Aus einer Honig-Senf-Salatsauce und einer Freundschaft entwickelte sich ein erfolgreiches Unternehmen, das sich nach fünfzehn Jahren in der Biolebensmittelbranche fest etabliert hat. Der Reihe nach: 1996 lernten sich Jens Wages (47) und Michael Wiese (48) während ihres Zivildienstes in St. Blasien kennen. Sie wohnten in der Zivi-WG direkt bei der Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes, wo sie im Krankentransport arbeiteten. Wiese war aus Schaffhausen vom Hochrhein und Wages aus dem Stuttgarter Raum in den Hochschwarzwald gekommen. „Wir haben fast jeden Tag zusammen gekocht, immer mit frischen Zutaten. Tiefkühlpizza, Dosenravioli waren nicht unser Ding“, erzählt Michael Wiese bei einem Firmenbesuch in Freiburg Anfang Mai. Ihnen war damals aufgefallen, dass es im Supermarkt nur Dressings mit viel Salz, Zucker, Geschmacksverstärker, Verdickungsmittel und Wasser gab, die nicht gut schmeckten. „Unser eigenes Salatdressing aus den wenigen Zutaten Honig, Senf, Essig, Öl, Salz und Pfeffer war dagegen lecker und kam auch bei Freunden gut an.“ Bis zur professionellen Saucenproduktion sollten jedoch noch ein paar Jahre vergehen.
Von der Idee zur Umsetzung
Nach dem Zivildienst trennten sich ihre Wege vorerst. Jens Wages studierte Betriebswirtschaft, Michael Wiese Wirtschaftsingenieurwesen. Sie arbeiteten in der Industrie und bei namhaften Werbeagenturen. „Ich war als Unternehmensberater viel unterwegs und als 2009 mein Sohn Emil geboren wurde, wollte ich mich beruflich verändern“, berichtet Wiese. Dann fragte er Jens, ob er Lust hätte, aus dem bewährten Dressingrezept aus Zivitagen eine Geschäftsidee zu entwickeln. Und das hatte er. Sie erstellten einen Businessplan, benannten die Firma nach Wieses Sohn Emil, kreierten ein Logo und sicherten sich die Webdomain. Was ihnen fehlte, war Knowhow im Bereich Lebensmitteltechnik und -verarbeitung. Daher wandten sie sich an Experten der Uni Hohenheim. „Ein Professor hatte gleich abgewunken“, sagt Wiese. Ohne Konservierungsmittel könne man kein Dressing für den Handel herstellen und er riet ihnen, sie mögen doch bei ihren alten Jobs bleiben. „Lebensmitteltechnikerin Juliane Ankenbrand war da anderer Meinung und wurde unsere erste Mitarbeiterin.“
Die Freunde ließen sich vom Urteil des Professors nicht entmutigen. 2011 gründeten sie ihr Start-up und starteten mit 500 Flaschen Honig-Senf-Dressing. Dieses präsentierten sie im selben Jahr in Nürnberg auf der Biofach, der internationalen Weltleitmesse für ökologische Konsumgüter. „Fünf Tage redeten wir nonstop und konnten am Ende Biogroßhändler wie Dennree, Alnatura, Bodan, Tegut und Rinklin von unserem Produkt überzeugen“, sagt Wiese.
Zunächst produzierten sie in der Reha-Werkstätte Rudolf-Sophien-Stift in Stuttgart. Nachdem das Mittagessen beendet und die Küche frei war, rührten sie dort ihr Dressing, klebten Etiketten und fuhren die Waren in die Bioläden im Umkreis. „Wir machten fast alles in Handarbeit“, erinnert sich der 48-Jährige. Ein paar tausend Flaschen Salatsauce verkauften sie anfänglich pro Jahr. 2014 zog das Unternehmen nach Freiburg. Die Mieträume von Büro, Produktion und Lager waren an drei verschiedenen Orten in der Stadt verteilt. Vor drei Jahren kaufte Emils ein Grundstück im Güterbahnhofareal. Seit Januar 2024 wird in der neuen Manufaktur gearbeitet.
„Wir sind organisch gewachsen. Es gab weder einen Investor, ein Erbe noch anderes fremdes Geld. Unsere Gewinne reinvestieren wir ins Unternehmen“, betont Wiese und erwähnt, dass sie davon noch keinen Cent für sich aus der Firma gezogen hätten. Aktuell beschäftigt die Biomanufaktur 17 Mitarbeitende mit unterschiedlichen Berufen aus den Bereichen Küche, Lebensmitteltechnik, Vertrieb, Marketing oder Logistik. Das Produktionsvolumen liegt im siebenstelligen Bereich, den Umsatz gibt das Unternehmen nicht bekannt.
Von Aioli bis Apfelmus
Das Sortiment umfasst 21 Artikel, nicht alle sind vegan. Es gibt verschiedene Dressings, vegane Feinkostsaucen und Mayos, Ketchup, Senf und Apfelmus. Die neueste Kreation ist eine vegane Chili-Mayo. „Wir produzieren alles in Bioqualität ohne Zusatzstoffe wie Hefeextrakt, Citronensäure, Guarkernmehl oder Xanthan, obwohl die Label Bioland oder EU-Bio diese zum Teil erlauben würden“, erklärt Michael Wiese. An manchen Rezepturen hätten sie lange getüftelt. Rund drei Jahre habe es für die vegane Mayo gebraucht, die aus kaltgepresstem Rapsöl, Apfelsaft, Mandeln, Weißweinessig, Senf und Meersalz besteht. Besonders herausfordernd sei es, die gleichbleibende Konsistenz zu erreichen. Die Zutaten beziehe die Manufaktur vorwiegend aus der Region. Der Wein für den Essig liefert das Weingut Landmann aus Waltershofen, das Rapsöl kommt aus einer Mühle im Schwäbischen, die Kräuter baut der Andreashof aus Überlingen an, Äpfel sind vom Südhof in Denzlingen.
Beim Rundgang riecht man bereits an der Eingangstür zum Produktionsbereich den Knoblauch. Veganes Aioli fließt in 130-Milliliter-Gläser. Etwa 1000 Stück werden in der Stunde abgefüllt. Gerade läuft die Grillsaison, gefragt seien Dips und Ketchup. Die vegane Hollandaise hatte ihre Verkaufsspitze bereits, sie steht ab Februar in den Läden, lange bevor der erste badische Spargel gestochen wird.
Mit ihren Dressings und veganen Mayos zählt Emils Bio-Manufaktur nach eigenen Angaben zu den führenden Herstellern im Biosegment in Deutschland. „Als wir begonnen haben, waren wir mit unseren Clean-Labels Trendsetter“, berichtet Geschäftsführer Wiese. „Frei von E- und Zusatzstoffen“, „Ohne Zuckerzusatz“ – solche Clean-Labels zieren Emils Gläser und zeigen, was nicht enthalten ist. Mittlerweile achteten die Verbraucherinnen und Verbraucher bewusster auf ihre Ernährung. Vor 15 Jahren wäre Bio noch kein großes Thema gewesen. Heute muss Wiese jedoch feststellen, dass sich die Konsumgewohnheiten seit der Inflation aufgrund der Energiekrise – ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine – verändert haben. Es werde weniger im Bioladen eingekauft und sehr auf die Preise geachtet. „Die Preiserhöhungen ab 2022 beim Rapsöl und Glas haben wir nicht an den Handel weitergegeben, um den Absatz zu halten“, sagt Michael Wiese. Die letzten Jahre seien herausfordernd gewesen. Corona haben den Umsatz angekurbelt. Die Energiekrise trieb die Baukosten und Rohstoffpreise in die Höhe. Dennoch blicke man bei Emils Bio-Manufaktur positiv nach vorne. Seit Ende 2021 leitet er das Unternehmen alleine. Jens Wages ist der Liebe wegen nach Paris gezogen und aus dem operativen Geschäft ausgestiegen. Doch die Freundschaft bleibt.