Während der US-amerikanische Autokonzern Tesla weltweit in seinen Werken Stellen reduziert, scheint er einen Forschungs- und Entwicklungsstandort in Freiburg aufzubauen. Und zwar mit den Ingenieuren des Start-ups Wiferion.
Text: Susanne Maerz
„Tesla Engineering Germany is Hiring“, heißt es Mitte April auf dem Linkedin-Profil von Florian Reiners. Und darunter, auf Deutsch übersetzt: „Wir bauen ein Center of Excellence für Leistungselektronik auf und laden kluge Köpfe wie SIE ein, von Anfang an ein zentraler Teil unserer Reise zu sein!“ Als aktueller Arbeitgeber von Reiners ist Tesla in Freiburg angegeben. Ebenso auf den Linkedin-Profilen von Johannes Mayer, Benriah Goeldi und Johannes Tritschler. Das ist einerseits überraschend, andererseits auch wieder nicht.
Denn diese vier – Mayer ist Physiker und Wirtschaftswissenschaftler, die anderen drei sind Elektroingenieure – hatten sich vor acht Jahren in Freiburg mit der Wiferion GmbH selbstständig gemacht. Die von ihnen und ihrem zuletzt etwa 70-köpfigen Team entwickelten Lösungen zum kabellosen Laden von mobilen Robotern und E-Fahrzeugen waren so erfolgreich, dass der US-amerikanische Elektroautobauer Tesla das Unternehmen vergangenen Sommer gekauft hat. Laut dem Nachrichtenportal Teslamag für 76 Millionen Dollar. Drei Monate später verkaufte Tesla allerdings einen Teil des Start-ups wieder, und zwar an den bayerischen Elektronikspezialisten Puls.
Wiferion-Ingenieure sind bei Tesla geblieben
Darüber hatte im Oktober auch die Badische Zeitung berichtet. Sie schrieb ebenso, dass die Tesla Engineering GmbH weiter in Freiburg vertreten sein werde. Eine offizielle Bestätigung von Tesla hatte sie jedoch nicht erhalten. Auch die Anfrage von Netzwerk Südbaden zum Freiburger Standort beantwortete die Pressestelle von Tesla nicht. Florian Reiners wollte sich ebenfalls nicht äußern.
Allerdings lassen die Angaben auf mehreren Linkedin-Profilen und von verschiedenen Gesprächspartnern, die nicht zitiert werden wollen, darauf schließen, dass der US-Konzern trotz seines weltweiten Stellenabbaus auf den Freiburger Entwicklungsstandort setzt. Denn zum einen wird offensichtlich rekrutiert, zum anderen sind wohl alle mehr als 50 Ingenieure und Techniker von Wiferion und damit dessen Gehirn bei Tesla Engineering in Freiburg geblieben. Sie arbeiten nach wie vor an derselben Adresse im Freiburger Industriegebiet Haid – allerdings steht jetzt Tesla auf dem Klingelschild.
Ein Dutzend ehemalige Wiferion-Mitarbeitende sind hingegen an die Freiburger Bahnhofsachse gewechselt. Hier hat das Geschäftsfeld Wireless Charging des bayerischen Eigentümers Puls seinen Sitz. Wie man hört, kommen die ehemaligen Wiferion-Mitarbeitenden aus den Abteilungen Marketing und Vertrieb. Das ergibt Sinn, denn Puls hat alle Verträge und Kunden von Wiferion übernommen.
Münchener Puls-Gruppe führt das Geschäft weiter
„Das Geschäft läuft unverändert weiter, und wir konzentrieren uns weiterhin auf Internationalisierung und Wachstum“, antwortete Kamil Kascha, Sprecher des Freiburger Business Units von Puls, auf die Frage nach der Arbeit des Standortes. Die ist nun allerdings eng mit der des neuen Eigentümers verflochten: „Die Entwicklung der bestehenden sowie neuer Produkte findet in den großen Entwicklungszentren von Puls statt.“ Zudem sei geplant, zukünftige neue Produkte auch in den eigenen Werken von Puls zu produzieren. Das Freiburger Team ist laut Kascha inzwischen auf 16 Mitarbeitende gestiegen. Weiteres Wachstum – räumlich wie personal – sei geplant.
Die Puls-Gruppe, 1980 in München gegründet, beschäftigt insgesamt rund 1500 Frauen und Männer und setzte 2022 circa 250 Millionen Euro um. Puls ist nach eigenen Angaben Technologie- und Marktführer im Bereich DIN-Schienen-Stromversorgungen. Mit den Produkten von Wiferion ergänzen die Bayern ihr Portfolio um kabellose Lademöglichkeiten.
Für Tesla ist Wiferion interessant, weil die Freiburger eine Technologie zum kabellosen Laden entwickelt haben. Derzeit ist sie vor allem in der Industrie im Einsatz. Könnte sie auf Elektroautos übertragen werden, wäre dies ein Meilenstein. Dass am Freiburger Forschungs- und Entwicklungsstandort von Tesla genau daran gearbeitet wird, liegt auf der Hand – wird aber freilich nicht offiziell bestätigt.