Der Ringsheimer Unternehmer Wolfgang Bihl entwickelt Software für Druckereien. Das wird noch ein paar Jahre erfolgreich weiter gehen, aber trotzdem ergänzt Bihl jetzt sein Unternehmens-Portfolio. Mit timeLe hat er eine kinderleichte Zeiterfassung erfunden. Über einen, der seine eigene Disruption startet.
VON RUDI RASCHKE
Auf dem Besprechungstisch glänzt das Zauber-Accessoire, das den Mittelpunkt von Bihls Neuentwicklung darstellt: Ein runder Chip, weiß lackiert, der als stylisher Schlüsselanhänger funktioniert. Der Markenname timeLe steht drauf, er stellt die Verbindung von Zeit und badischer Heimat her.
Der Schlüssel zu dieser Erfindung ist eine Verbindung. Jener patentierte Chip kommuniziert via eigens entwickelter Software mit hochwertigen Tablets. Entstanden sei die Idee aus der Entwicklung für einen befreundeten Unternehmer, sagt Bihl. Dessen Gutmütigkeit gegenüber Mitarbeitern wurde ein wenig überstrapaziert. Bihl installierte ihm eine Vorläufer-Version der heutigen, die auf einem schlichten Check-in via Wandtablet basiert. Als Stempelkarte der Neuzeit ist es ungleich variabler, was Pausen, Präsenzen, aber auch Auffindbarkeiten angeht. Keine Totalüberwachung, eine Hilfe für den Arbeitgeber, aber auch die Angestellten. Wer den Chip nutzt, muss ihn nicht mal mehr irgendwohin hinhalten, er geht einfach durch den Firmeneingang.
Ein Hauch von Apple: Auspacken und loslegen
Selbst in Homeoffice-Zeiten, die mit Wolfgang Bihls timeLe ebenfalls gestaltbar sind, fallen ihm eine Menge Betriebe ein, die mit seinem Starter-Paket ausgestattet werden können: Metzger und Bäcker, Baustellen, allgemein Handwerk und Handel, vor allem aber Apotheken und Ärzte. Angesprochen sind Mittelständler, die das Thema bisher oft aufgeschoben hatten, weil es zu aufwändig ist im Handling, in der Installation oder mit Schnittstellen.
Wolfgang Bihls timeLe will darauf eine Antwort finden, das beginnt mit der Verpackung. Wer das Starter-Paket bestellt, 500 Quadratmeter Firmenfläche deckt ein Tablet im Wlan ab, das Lease-Modell sieht für zehn Mitarbeiter Kosten von gerade 50 Euro im Monat vor. Schnittstellen zur Lohn-Software Datev und Excel-Exporte sind berücksichtigt. Und das Werkzeug ist sicher bei etwaigen Cloud- und Wlan-Ausfällen.
Software von den Schwiegereltern: proseco
Der 53 Jahre alte Wolfgang Bihl kann nur wenige in der Region sagen, dass sein Betrieb schon seit fünf Jahrzehnten in der Softwarewelt daheim ist. Seine Schwiegereltern gründeten den Vorläufer seines Unternehmens proseco (richtig geschrieben, der ungewöhnliche Name steht für die Kürzel von professional software engineering and consulting), bereits bevor SAP das Licht der Welt erblickte.
Das ist insofern ungewöhnlich, als auch Bihls Schwiegermutter damals als eine von wenigen Frauen auf weiter Flur programmierte, auf Basis gestanzter Lochkarten. Die Hardware, sagt Bihl, kam übrigens vom Hersteller CTM am Bodensee, nicht von IBM. Programmiert wurde in einer Wohnung in Freiamt, sie war quasi die Gründungsmythos erhält eine schmucke Box mit zehn Chips und einem Tablet samt übersichtlicher Erklärung. Man fühlt sich an das eine oder andere Produkt aus dem kalifornischen Cupertino mit dem Anbiss-Apfel erinnert – es soll eben nicht Stress, sondern Freude bereiten, damit zu arbeiten. Garage, ehe er in Ringsheim ein Grundstück für ein vorzeigbares Bürogebäude fand. 1998 rief er Proseco ins Leben.
Nicht am schlechtesten Standort: Ringsheim ist nicht nur durch den Europa-Park-Halt an das Schnellzugnetz angebunden, es ist auf halber Strecke zwischen Freiburg und Offenburg gelegen, wenngleich Wolfgang Bihl sich bisher kundenseitig eher in Richtung Norden orientierte. Das wir in nur 35 Kilometern Entfernung von Freiburg in der Ortenau zu Gast sind, merkt man am deutlichsten am Produkt des Entwicklers: Der Chip auf dem Tisch vereint auf recht eindrückliche Weise Kreativität und Tüftlertum mit Marktfähigkeit. Im Geist der Ortenau eben.