Südbaden ist keine Insel der Seligen, wenn es um die unabhängige Bereitstellung von Lebensmitteln, aber auch Energie, geht. Das belegt diese Ausgabe. Sie zeigt aber auch einige Lösungsansätze, die hier angepflanzt wurden.
VON RUDI RASCHKE
Ein paar Worte über diese Ausgabe: Was nach einem Titelthema zur regionalen Landwirtschaft ausschaut, hatte seine Ursprungsidee in den allgegenwärtigen globalen Krisen des Jahres 2022. Ukraine, Energie, Klima, auch Inflation: Kaum einer, der in diesen Tagen nicht davon redet. Wovon sollen wir künftig leben? Und vor allem – wie unabhängig ist die Region Südbaden in Versorgungsfragen?
Bei unserer ersten Diskussion um das Thema war es völlig ergebnisoffen und ein wenig ein Ratespiel, wie autark Südbaden in Fragen von Ernährung und Energie dasteht. Die Frage, wie hoch unser Selbstversorgungsgrad wohl ist? Also das Verhältnis von hier Verbrauchtem gegenüber hier Erzeugtem?
Es ist kein großer Spoiler, wenn wir verraten, dass es hinten und vorn nicht reicht. Südbadens Landwirtschaft, das zeigt diese Ausgabe, ist vor allem großen Veränderungen unterworfen. Die Haltung von Schweinen nimmt naheliegenderweise ab, die Flächen für Sojaexporte zu. Das, was wir an den Marktständen von Offenburg bis Weil, besonders am Freiburger Münstermarkt, als regionale Versorgung wahrnehmen, ist ein arg romantisiertes Bild. Als Erlebnis ist es zwar die schönstmögliche Variante von Landwirtschaft, weil nach einem saisonalen, regionalen Füllhorn ausschaut – bei dem wir noch mit dem Mann oder der Frau plaudern können, die es angebaut haben. Und weil die Äpfel aus Nimburg kommen statt aus Neuseeland wie beim Ablasshändler Alnatura.
Aber das ist ein Zerrbild. Unser Heftbeitrag zu den Anteilen landwirtschaftlicher Nutzung zeigt beispielsweise, wie wenig Obst letztlich in Südbaden angebaut wird. Die aktuellen Preissteigerungen – kleine Landwirte mit wenig Fläche können zuallerletzt etwas dafür – dürften dafür sorgen, dass viele Kunden sich von „bio“ und „regional“ wieder abwenden und vor allem bei „billig“ schauen, also beim Discounter. Dass die sommerlichen Produkte sogenannter Sonderbauflächen, Erdbeeren und Spargel, dieses Jahr Abnahmeprobleme hatten, ließ in diesem Zusammenhang aufhorchen. Beides ist in Südbaden überdurchschnittlich vertreten, bisweilen in wenig nachhaltiger Form.
Von einer Selbstversorgung aus der Region für die Region sind wir in Südbaden in vielerlei Hinsicht weit entfernt. Gleichzeitig ist vieles in der ohnehin prekären Landwirtschaft noch mehr ins Wanken geraten: Der Siedlungsdruck sorgt dafür, dass Äcker und Weiden zugunsten von Häusern und Straßen sterben. Täglich fallen in Deutschland übrigens fast 60 Hektar Landwirtschaftsflächen für Bauland weg. Frei nach Hans Magnus Enzensbergers berühmtem Zitat über den Tourismus: Die neuen Landbewohner töten, was sie lieben. Landfrust statt Landlust. Dazu trägt bisweilen auch bei, dass mancher Acker umgewidmet wird zur Energiegewinnung. Wie sinnhaft das ist, ist ebenfalls Thema dieser Ausgabe.
Und nicht zuletzt sind es Konzentrationsprozesse, groß schluckt klein, die auch hierzulande hin und wieder vorkommen: Die Zahl der Landwirte hat sich jedenfalls in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich verringert, die durchschnittliche Fläche pro Bauer dagegen vergrößert. Von 1,6 Millionen Landwirten in der Nachkriegszeit sind in Deutschland heute gerade noch 256.000 übriggeblieben. Wir wollen auch der Frage nachgehen, inwieweit eine Image-Aufbesserung des Berufs hier etwas ändern könnte.