Die Kehrwoche ist zwar schwäbisch, nicht badisch, aber clean mögen wir es auch in diesem Teil des Landes ganz gern. Und es gibt zahlreiche Firmen in der Region, deren Geschäftsmodelle auf der Reinlichkeit von Dingen und Menschen beruhen. Ein Blick in die saubere Branche.
Text: Kathrin Ermert
Wer je in einer Wohngemeinschaft gelebt oder Kinder im Teenageralter hat, weiß: Sauberkeit ist ein dehnbarer Begriff. Versuchen wir, ihn objektiv zu betrachten und starten mit einer Definition. Was ist sauber?
Christian Himmelsbach dreht die Frage um – was ist Schmutz? Und er antwortet darauf: „Materie am falschen Ort.“ Entsprechend definiert er für sein Metier Flecken als „mit falscher Materie belastetes Material“. Christian Himmelsbach sorgt dafür, dass sie wieder verschwinden. Er führt gemeinsam mit seinem Bruder Meinrad die Freiburger Texteilreinigung Himmelsbach in vierter Generation. Es hat sich viel verändert, seit ihr Urgroßvater 1884 die Firma in Gengenbach gegründet hat. Sie startete nicht als Reinigung, sondern als Färberei und Stoffdruckerei. Das ist typisch für die Branche. „Färbereien und Stoffdruckereien mussten etwas von Farben und Stoffen sowie Chemie verstehen“, erklärt Christian Himmelsbach. Lange Zeit seien chemische Reinigungen aufgrund ihres Fachwissens angesehener gewesen als Wäschereien. Die Lösemittel, die Reinigungen verwendeten, verschlechterten allerdings mit dem wachsenden Umweltbewusstsein ab den 1980er-Jahren ihr Image, und technologische Veränderungen kehrten die Verhältnisse um. Heute sind Wäschereien oft große Industrieunternehmen und Reinigungen eher kleine Familienbetriebe.
Kleine Reinigungen, große Industriewäschereien
Mit ihren 25 Beschäftigten zählen sich die Himmelsbachs zu den mittelgroßen in dieser sehr heterogenen Branche. „Sie reicht vom kleinen Bügelshop bis zur großen Industriewäscherei mit hunderten Mitarbeitenden“, sagt Christian Himmelsbach, der stellvertretender Vorsitzender des Fachverbands und Obermeister der Landesinnung Texteilreinigung Baden-Württemberg ist. Ähnlich divers sind Kundschaft und Produkte, die gereinigt werden – von Blaumännern, OP-Kitteln und anderer Berufsbekleidung über Tischdecken, Bettlaken und Handtücher bis zum Anzug und Abendkleid.
Letztere sind das Betätigungsfeld von Himmelsbach. Die Freiburger Traditionsreinigung ist auf Oberbekleidung spezialisiert. Sie arbeitet für einige Seniorenheime und Firmen wie den Europa-Park, hauptsächlich jedoch für Privatkunden. Bis zu 300 Hemden werden am Hauptsitz direkt beim Freiburger Schwabentor pro Tag gewaschen und gebügelt. Auch wenn Heißluft hilft, braucht es dafür viel Handarbeit. Große Wäschereien wie die Wolfsperger Textilpflege aus Emmendingen haben dagegen viel automatisiert und verarbeiten täglich mehrere Tonnen Wäsche. Während Himmelsbach einzelne Pullover, Blusen, Kleider und selbst Unterwäsche reinigt, wäscht die Firma Wolfsperger vor allem Standardtextilien, zum Beispiel Arbeitskleidung und Bettwäsche, die sie ihren Kunden leiht und die den Waschprozess mit Code gekennzeichnet durchlaufen.
„Das Thema Sauberkeit bleibt.“ — Christian Himmelsbach
Himmelsbach kooperiert mit Wolfsperger sowohl in den Abläufen – die Freiburger Reinigung übernimmt die Bearbeitung spezieller Textilien – als auch in der Ausbildung. Seit zwei Jahren lernt allerdings niemand bei Himmelsbach, und in ganz Deutschland absolvieren derzeit gerade einmal rund 80 junge Menschen eine Lehre in der Textilreinigung. „Es ist kein Trendberuf“, konstatiert Christian Himmelsbach. Auch die Zahl der Betriebe geht weiter zurück, rund 3000 sind es nur noch deutschlandweit, im Vergleich zu 12.000 in den 1960er-Jahren allein in Westdeutschland. Zwar ist das Lösemittelproblem längst gelöst, die Maschinen verwenden heute unbedenklichen Kohlenwasserstoff in einem geschlossenen Kreislauf. Dennoch ist der Schrumpfungsprozess bei Reinigungen nicht beendet – „die personalintensive Arbeit hat einfach ihren Preis“, sagt Christian Himmelsbach. Er ist indes optimistisch, dass sein Gewerbe eine Zukunft hat, trotz Betriebsaufgaben und Konzentrationen in der Branche: „Das Thema Sauberkeit bleibt.“
Waschbecken und Duschköpfe
Darauf setzen auch die Akteure der Badbranche, von denen es sehr namhafte in der Region gibt. Die Firma Duravit fertigt zum Beispiel Wannen, Waschbecken und WCs sowie Badmöbel und -accessoires. Stammsitz ist in Hornberg, wo eine überdimensionierte Toilettenschüssel das Duravit Design Center am Ortseingang ziert. Hier wurde das Unternehmen 1817 gegründet und betreibt nach wie vor ein Keramikwerk. Es ist eine von insgesamt zehn Produktionsstätten weltweit mit zusammen rund 7000 Mitarbeitenden. Die expansive Entwicklung des Schwarzwälder Badspezialisten seit den 1990er-Jahren kannte bislang nur eine Richtung, die Krise der Bauwirtschaft hat sie aber zuletzt gebremst. „Wie die gesamte Branche mussten auch wir merkliche Umsatzrückgänge hinnehmen“, sagte CEO Stephan Tahy bei der Bilanzpressekonferenz im Frühjahr 2024. Vor dem Hintergrund der ausgeprägten Krise in der Bau- und Sanitärindustrie sank der Gruppenumsatz 2023 um mehr als sieben Prozent auf rund 656 Millionen. Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr hat Duravit noch nicht bekanntgegeben. Das Unternehmen bleibt allerdings „verhalten optimistisch“ und investiert derzeit in ein neues Keramikwerk in Kanada, das mit Strom aus Wasserkraft und somit klimaneutral betrieben werden soll.
„2023 hat der gesamten Bad- und Sanitärbranche einen Dämpfer versetzt.“ — Hans Jürgen Kalmbach
Hansgrohe hat zuletzt ebenfalls Umsatz eingebüßt. Das 1901 in Schiltach gegründete Unternehmen betreibt heute vier Werke in der Region und neun weltweit, in denen insgesamt knapp 5500 Frauen und Männer Duschköpfe und andere Armaturen herstellen. „Das Geschäftsjahr 2023 hat der gesamten Bad- und Sanitärbranche einen Dämpfer versetzt“, sagte der Vorstandsvorsitzende Hans Jürgen Kalmbach bei der Bilanzpressekonferenz im vergangenen April. Nach Rekordergebnissen in den Jahren 2021 und 2022 sank der Umsatz von Hansgrohe 2023 um neun Prozent auf rund 1,4 Milliarden Euro, immerhin der zweitbeste Wert in der Firmengeschichte. Auch Hansgrohe hat noch keine aktuelleren Zahlen veröffentlicht. Unternehmenssprecherin Astrid Bachmann bestätigte allerdings im Dezember, „dass die Hansgrohe Group für 2024 mit keiner sofortigen Rückkehr zum gewohnten Wachstum, sondern mit einer Seitwärtsbewegung der Umsatzkurve rechnet“. Langfristig bleibt allerdings auch Hansgrohe optimistisch und hat wie Duravit seine Investitionen nicht zurückgefahren.
Sauberes Auto, sauberes Image
Daniel Debray spürt die Konjunkturflaute weniger. „Beim Autowaschen hält sich das in Grenzen“, sagt der Pächter der Freiburger Aral-Stationen, zu denen die Waschanlagen in der Bötzinger Straße und in der Besançon Allee gehören. Dort können nicht nur Pkw, sondern auch große Fahrzeuge sauber werden wie Lkw, Busse oder Wohnmobile. Je nach Programm dauert die Prozedur bis zu einer halben Stunde. Mehrere Mitarbeitende schäumen die Laster vorab ein und bearbeiten die schwierigen Stellen wie rund um die Außenspiegel mit langen Bürsten. Das Schmutzwasser wird aufgefangen, recycelt, größtenteils wieder in der Anlage verwendet, und der Dreck landet in Schlammfängern, die regelmäßig entsorgt werden.
„Sauberes Auto, sauberes Image lautet unsere Devise“, sagt Debray. Schließlich seien sowohl der Dienstwagen als auch der Firmenlaster Visitenkarten eines Unternehmens. Außerdem sorge die Wäsche für die Werterhaltung der Fahrzeuge. So müssen beispielsweise die Autohäuser regelmäßig ihre draußen parkenden Gefährte von Vogelkot und anderem Dreck reinigen. Und auch die Entsorger Freiburger Abfallwirtschaft sowie Remondis zählen zu den Stammkunden in der Waschanlage. Deshalb haben er und seine Mitarbeitenden ausreichend zu tun. In Hochzeiten kommen annähernd 500 Pkw pro Tag und bis zu 40 Lkw. Besonders viel Andrang an den Waschstraßen gibt es nach Pollenflug oder Saharastaub – und am Ende des Winters, wenn das Salz weggewaschen werden soll. Jetzt im Januar lohnt sich das noch nicht. Der Wintermantel kommt ja auch erst in einigen Wochen in die Reinigung.