Der großformatige Namensgeber Arno Marx schaut in seinen Gesichtszügen fast wie Helmut Schmidt aus. Im Gemälde ein bisschen Pop-Art-inspiriert, ein wenig von geometrischen Mondrian-Linien durchzogen, blickt er von der Wand hinter dem Schreibtisch von Gudrun Schübeler im Malterdinger Gewerbegebiet. Sie ist die Tochter des Unternehmensgründers, gemalt hat das Bild ihr ältester Sohn. Eben ein Familienbetrieb, in dem die Traditionswege geradlinig beschritten werden? Nicht ganz. Denn Gudrun Schübeler ist zwar schon von Kindesbeinen an in dieser Firma unterwegs, aber ihr Einstieg als Chefin kam für sie doch überraschend: Nach Abschluss des BWL-Studiums in Mannheim war sie bereits seit 12 Jahren im Odenwald angesiedelt und neben der Erziehung der beiden Söhne im Betrieb ihres Mannes beschäftigt, einem Seniorenheim. Und weit weg von den Hightech-Verpackungsmaterialien, die vom nördlichen Breisgau aus in die ganze Welt gehen. Aber als der Vater im Frühjahr 2011 schwer erkrankte und schließlich drei Monate später verstarb, war ihr klar, dass sie sich dem Unternehmen widmet.
Sie vergleicht ihr Knowhow damals mit Schwimmen oder Radfahren: Klar, dass sie es beherrschte und nie verlernen würde, es sei nicht einmal der vielzitierte Sprung ins kalte Wasser gewesen, „aber ich kannte das Tagesgeschäft nicht.“ Wer ihr am Besprechungs-Tisch vor dem staatsmännischen Porträt des Vaters gegenübersitzt, lernt rasch, dass „Verpackung“, wie man es als Verbraucher von der Wellpappe ums Billy-Regal bis zur Iphone-Schmuckschachtel kennt, hier seit jeher Größeres bedeutet. Aber: „Auch ich lerne täglich dazu“, sagt die Unternehmerin über ihr Geschäft mit unterschiedlichsten Trockenmitteln, antistatischen oder UV-abweisenden Folien, gefrästen Extrem-Schaumstoffen und vielem mehr. Zum Beispiel habe sie gelernt, dass Satelliten vor dem Weltall Einsatz sehr wohl sonnengeschützt transportiert werden müssten.
In Material von „Arno Marx“ werden neben anderem die sogenannten Drall-Räder gehüllt, die das Weltraum-Gerät auf Kurs bringen. Und viele andere hochwertige Produkte, über die Gudrun Schübeler sagt, dass „von A wie Automobil bis Z wie Zweirad“ alle 26 Buchstaben mit Branchen bei ihr vertreten seien. Für die Firmenentwicklung bedeutet diese Vielseitigkeit eine gewisse Konstanz, jedoch bemerkt auch die Arno Marx GmbH das Klima der Weltwirtschaft. DieBewegungen der Wirtschaft spürt die Firma aber mit 4-6 Wochen Verspätung. Schübelers Unternehmen entwickelt mit Firmen Verpackungen, die teures und sensibles Gut vor ruppiger Verladung im Containerhafen genauso sichern wie vorm Rumstehen in der Wüste.
Also weit mehr als nur Folie und Karton, sondern auch Schockschutz, Druckausgleichsventilen und sogar Feuchtigkeitsanzeiger, die ins Material eingefasst werden. Das alles meist am Ende langer technologischer Entwicklung („Verpackung ist immer das Letzte“), aber nicht unerheblich für den Einsatz von Industriegütern. Angefangen hatte der Betrieb einst als Handelsvertretung mit Trockenmitteln, die man sich wie die Füllung in Windeln oder Katzenstreu vorstellen kann. Das ist jetzt genau 50 Jahre her, inzwischen arbeiten mehr Beschäftigte als nur der Firmengründer und seine Frau bei „Arno Marx“. Zum Jubiläum wird am Standort expandiert: Die Lagerhalle wird auf die etwa doppelte Größe wachsen.
Um als Unternehmerin in einer industriellen Männerwelt auftreten zu können, hat Gudrun Schübeler sich in den Anfangsjahren als Firmenchefin oft die Frage gestellt, wie es für sie als Mann wäre. Was sie denn als Chefin anders zu machen glaubt? „Frauen entscheiden anders“ sagt sie – und meint damit den sensibleren Umgang mit langjährigen Auftraggebern und Mitarbeitern („Fehler passieren einfach“), aber auch das endgültige Beseitigen „alter Zöpfe“. Und nicht zuletzt pflegt sie gegenüber Kunden das alte „… ist-König- Prinzip“: Wenn eine Lieferung irgendwo hängt, schickt sie Material lieber ein zweites Mal los, statt erst unnötig lange den Verursacher der Verzögerung zu suchen. „Wichtig ist, dass der Kunde zufrieden ist, alles andere regelt sich anschließend.“ Gleiches gelte auch im Umgang mit Lieferanten und Partnern. Ein guter Kontakt und eine funktionierende Kommunikation seien mit das Wichtigste.
Beim Verband der Unternehmerinnen (VdU) pflegt Schübeler zu genau solchen Themen den Austausch, nicht das Geschäftemachen. „Es kann passieren, dass eine Unternehmerin aus Hamburg irgendwo das gleiche Problem wie ich hat“, allein deshalb lohnten sich die Gespräche. Ihr Eintritt in den Kreis 2015 geschah nicht über eine Empfehlung oder ein Mitgehen, sondern durch den Vortrag von Wirtschafts-Professor Bernd Raffelhüschen zum 60-jährigen des Verbands, von dem sie aus der Zeitung erfahren hat.
Irgendwie hat sie es noch in die ausverkaufte Veranstaltung geschafft und blieb dann dabei: Weil sie bei den folgenden Treffen interessante Kolleginnen kennen lernen durfte, die übrigens inhaltlich „gegen die gleichen Dinge ankämpfen wie Unternehmer“, sagt Schübeler. Am Ende ginge es immer darum, dass man eben „auf fünf und mehr Jahre planen können muss“ und nicht nur bis zum nächsten Monat. Als Chefin oder als Chef muss man an manchen Stellen auch einmal durchgreifen, jedoch muss immer auch die andere Seite mit großem Respekt behandelt und mit ihren Argumenten gehört werden.
Erschienen in der Printausgabe vom 04/16