Vivil setzt seit 1903 Akzente im Bonbonregal. Ob Pfirsich für Südkorea oder Lakritz für Skandinavien: Das mittelständische Unternehmen aus Offenburg behauptet sich konstant am weltweiten Markt – mit Klassikern und Neu-Kreationen. Und einem Erscheinungsbild für alte und junge Zielgruppen.
VON CHRISTINE WEIS
Im Offenburger Osten riecht es nach Erdbeere, Karamell, Kaffee, Orange, Pfefferminze oder Zitrone. Die Duftwolken lassen die Nachbarn wissen, was in der Vivil-Fabrik im Scheerbünd gerade im Bonbon-Siedetopf brodelt. Die mit Aromen, Kräuterextrakten und Vitaminen vermischte Masse wird gekocht und dann in Formen gestanzt oder gepresst. Durchschnittlich rund 400 Tonnen Bonbons werden monatlich im Schichtbetrieb produziert. 30 Sorten von extra starken Menthol-Pastillen, Sahnekaramellen bis zur Pfefferminzrolle sind aktuell im Programm und werden in 30 Ländern weltweit verkauft – auch koscher– und halal-zertifiziert.
„Entscheidend ist immer der Geschmack.“
Marek Bereta, Design Manager Vivil
Einen Kilometer weiter in der Moltkestraße kreiert das Entwicklungsteam gerade ein weiteres Rezept, das als neues Produkt nächstes Jahr auf den Markt kommen soll. Mehr verrät Design Manager Marek Bereta noch nicht. Limette-Minze ist die jüngste Schöpfung und seit diesem Sommer der Verkaufsschlager. „Unser Markenkern ist Frische und Qualität“, sagt Bereta, „entscheidend ist immer der Geschmack“.
Bis eine neue Sorte den Weg ins Süßwarenregal schaffe, durchläuft sie etliche Gaumentests und reizt viele Geschmacksnerven. Schlotzen gehört bei Vivil zum Arbeitsalltag: Man probiere nicht nur die eigenen Mixturen, sondern teste die Angebote der Mitbewerber und beobachte regionale und globale Trends. Die Geschmäcker sind bekanntlich sehr unterschiedlich. Pfirsich etwa ist in Korea gefragt. In den skandinavischen Ländern trifft Lakritz die Gunst der Käufer, wohingegen die Süßholzwurzel in Südeuropa nur wenige Gaumen erfreut. Waldfrucht und Erdbeere sind bei den Deutschen im Ranking weit oben.
Auch das Alter der Kunden haben die Offenburger bei Aromen und Konsistenz im Auge: Die Generation 40plus lutsche, die Jüngeren kauen lieber. Beim Thema Zucker treffen die Vorlieben aller zusammen: Da haben sich die zuckerfreien Varianten – mit Ausnahme der grünen Pfefferminz-Rolle – durchgesetzt.
Vivil ist nach eigenen Angaben seit den 1960er Jahren einer der ersten Bonbon-Hersteller, der zuckerfreie Karamellen anbietet. Auch beim Aufdruck des Nutri-Scores ist Vivil Vorreiter. Noch ist das System in Deutschland nicht verpflichtend. Die Lebensmittel-Kennzeichnung wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im November 2020 eingeführt. Eine Tabelle von A bis E in Farbreihung grün bis rot zeigt dem Verbraucher den Nährwert an. Die Ampel auf den meisten Vivil-Packungen steht auf B.
Atemfrische seit 1903
Vivil gehört zu den ältesten Handelsmarken auf dem Süßwarensektor. Der Kaufmann August Müller erfand das erfrischende Pfefferminzbonbon Anfang des 20. Jahrhunderts und nannte es nach dem Mädchennamen seiner französischen Frau Vivil. 1903 machte er aus dem Pfefferminz ein Geschäftsmodell und gründete in Straßburg seine Firma A. Müller & Co. Die Bonbons verkauften sich damals bereits europaweit und bis in die USA. Nach dem Ersten Weltkrieg siedelte Müller mit dem Unternehmen nach Offenburg um. Mit Ausnahme von Elisabeth Müller und der Frauenrechtlerin Emmi Rebstein-Metzger, die die Geschäfte in der Nachkriegszeit führten, stehen Männer an der Firmenspitze.
Seit 2012 verantwortet Alexander Müller-Vivil in vierter Generation die Geschäfte und führt das Familienunternehmen mit 220 Mitarbeitern ins digitale Zeitalter. Er pflegt ein besonderes Gespür für neue Geschmacksrichtungen. Sein persönlicher Favorit ist nach wie vor die grüne Rolle. Mit ihr hat es Vivil geschafft, dass der Eigenname zum Gattungsnamen wurde: Vivil und Pfefferminz sind für viele Nascher dasselbe.
Die Geschäfte liefen konstant gut, heißt es von Seiten der Geschäftsleitung. Umsatzzahlen gibt das Familienunternehmen nicht bekannt. Corona-bedingt gab es letztes Jahr phasenweise einen Rückgang bei Husten- und Halsbonbons, weil weniger Menschen erkältet waren. Das habe die Sommerlinie mit den Erfrischungsbonbons Limette-Minze oder Wildorange wieder ausgeglichen.
Vivil – eine Marke im Wandel der Zeit
Der Grafikdesigner Marek Bereta ist seit 10 Jahren bei Vivil und hat die Marke redesingt. Eine tolle Herausforderung sei das für ihn, denn traditionsreiche Marken wie Vivil es ist, gibt es nicht viele. Als Beispiel nennt er etwa Nivea.
„Die Kunst ist es, die Marke so zu erneuern, dass es die treuen Liebhaber nicht merken, Neukunden aufmerksam werden und es dem Zeitgeist entspricht.”
Marek Bereta
2013 gab es ein Facelifting bei Logo, Verpackungen und Website. Bereta hat auch das Vivil-Krokodil aus den 1970er Jahren reaktiviert. Es schiebt jetzt den Einkaufswagen im Onlineshop, spaziert auf den Social Media-Plattformen wie Instagram. Das „vivilisierte Kroko“ gibt es auch in verschiedenen Motiven zum Downloaden.
Die 118-jährige Vivil-Geschichte ist auch eine Reise durch die Welt der Werbung: 1929 flogen Luftschiffe in Vivil-Rollen-Form über Sportstadien und an Bahnhöfen standen grün-weiße Vivil-Automaten. In den 1930er Jahren fuhren Omnibusse mit dem Firmenemblem durch Berlin. Michael Schumacher holte 1992 seinen ersten Formel-Eins-Sieg auf einem Rennwagen mit Vivil-Logo und Anfang der 2000er-Jahre gab es TV-Werbespots „Vivil-Latte Macchiato“ zur Fernsehshow Big Brother. Und heute? „Analog dazu gibt es Plakatflächen im Stadtbereich an befahrenen Straßen.
Ansonsten konzentrieren wir uns auf Onlinewerbung“, sagt Bereta. „Hier können wir zielruppenspezifische Werbung ausspielen und die Resonanz ist mit Reichweite und Klickzahlen messbar.“ Über soziale Medien käme man auch direkt mit vielen Kunden in Kontakt. Vor kurzem gab es Feedback aus Australien: Eine Kundin war glücklich, dass sie die Bonbons der “Creme Life Serie” direkt beim Hersteller bestellen kann. Und wer weiß, vielleicht gab es auch einen Aromatipp aus Übersee. Aber das will der Designer nicht verraten.
4 Kommentare
hallo ich muss leider sagen ich kaufe jeden monat die extra stark vivil bonbons 10 tüten aber ich muss sagen in vielen tüten sind die bonbons ja nochmal eingepackt und ich muss leider sagen es sind in fast jeder tüte auch viele halbe bonbons drin das ist nicht in ordnung sowas ich find es sehr schade sowas warum ist das so kontrolliert ihr die nicht oder wieso kommt das zusatnde
Hallo,
erst einmal schön, dass Sie ein Vivil-Fan zu sein scheinen. Jedoch sind wir lediglich diejenigen, die einen Artikel über das Unternehmen geschrieben haben. Bei Ihrer direkten Frage “kontrolliert ihr die nicht oder wieso kommt das zustande?” müssten Sie sich direkt an das Unternehmen Vivil in Offenburg wenden. Ich hoffe, wir konnten weiterhelfen.
Liebe Grüße
Anna-Lena Gröner
Seit einigen Wochen bekomme ich meine Lieblingsbonbon VIVIL Strong -Eucalytus-Menthol
bei LIDL nicht mehr zu kaufen sondern etwas andere mit neuer Rezeptur ?
Gibt es die alten Bonbons nicht mehr ???
Hallo, bitte wenden Sie sich mit der Frage direkt an den Vivil.