Was haben ein Journalist und ein Friseur gemeinsam? Die Zeit in der A-Jugend. Auch wenn sich ihre Wege vor dreißig Jahren trennten, kommen SC-Pressesprecher Sascha Glunk und Cappelli-Inhaber Leo Semeraro beim Kaffee sofort ins Plaudern über Erinnerungen und Werdegänge, alte Bekannte und neue Verbindungen.
Interview: Kathrin Ermert
Wir starten weit in der Vergangenheit: Wie sah eure aktive Fußballerkarriere aus?
Sascha Glunk: Seit ich denken kann, habe ich einen Ball am Fuß. Ich kickte ab der F-Jugend, erst beim FC Freiburg-St.Georgen, dann bei den Sportfreunden im Weststadion, bei denen mein Vater im Vorstand war. Einmal sind wir Bezirksmeister geworden – das ist dann aber schon die einzige Heldengeschichte meiner aktiven Zeit. Nachdem ich mir zweimal die Bänder gerissen hatte, bin ich zum ESV (Eisenbahner Sportverein, Anm. d. Red.) gegangen. Der lag direkt vor meiner Haustür und hat 1994 eine Vereinsreise zur Fußballweltmeisterschaft in die USA gemacht, bei der ich dabei sein wollte. Und dort habe ich zusammen mit Leo ein Jahr A-Jugend gespielt.
Leo Semeraro: Ich habe beim ESV angefangen, nachdem mich der Vater eines Mitschülers beim Schulausflug kicken gesehen und zum Training eingeladen hatte. Von der E- bis zur C-Jugend war ich beim ESV, dann bei der Eintracht …
Glunk: … die haben früher auch richtig gute Jugendarbeit gemacht und später mit meinem alten Verein, den Sportfreunden, fusioniert. Die Sportfreunde Eintracht sind immer noch eine gute Adresse im Freiburger Jugendfußball.
Semeraro: Bei der Eintracht habe ich ein Jahr in der A-Jugendliga gespielt – das war mein größter Erfolg. Danach zog ich mir auch einen Bänderriss zu und bin wieder zum ESV. Von dort wechselte ich später noch zum Post Jahn – da war Thomas Ginter mein Trainer, der Vater von Matthias Ginter. Ich habe bis vor acht Jahren gespielt, wurde aber immer schwächer.
Hand aufs Herz: Wer war der bessere Fußballer?
Glunk: Ich war Linksfüßler und habe alles gespielt, was die linke Seite des Spielfelds hergegeben hat. Die Außenlinie hoch und runter rennen ging ganz gut, aber von richtig Talent würde ich nicht sprechen.
Semeraro: Wenn wir Talent gehabt hätten, wären wir weiter gekommen. Ich habe Abwehr gespielt, meistens rechts außen.
Glunk: Meine einzige gelbe Karte in all den Jahren Jugendfußball habe ich in einem Spiel beim FV Lörrach bekommen, bei dem der spätere Nationalspieler Sebastian Deisler mitgekickt hat. Allerdings nicht für ein Foul, sondern weil ich beim Wechsel zu früh eingelaufen bin.
Semeraro: Genau, Sebastian Deisler, daran erinnere ich mich auch – das beweist, dass wir höherklassig gespielt haben (lacht). Im Ernst: Diejenigen mit richtig Talent waren beim Sport-Club und beim FFC.
Glunk: Der Beste in unserem Jahrgang müsste Michele Borrozzino gewesen sein. Er hat lange beim SC in der zweiten Mannschaft gespielt, war auch im Profikader und arbeitet inzwischen bei uns im Merchandising.
Hauptschule oder Gymnasium – war das Thema auf dem Platz?
Glunk: Überhaupt nicht. Wenn irgendwas beim Fußball wirklich keine Rolle spielte, dann die Schule am Morgen.
„Ich kann mich erinnern, dass dir das Schreiben lag. Du hast immer Beiträge für das Vereinsheftle vom ESV geschrieben. Und die waren richtig gut.“
Leo Semeraro
Welche Bildungs- und Berufswege abseits des Fußballplatzes seid ihr später gegangen?
Glunk: Nach dem Abi auf dem Wirtschaftsgymnasium wusste ich nicht so recht, was ich anfangen sollte. Zahlen sind nicht so meine Welt – ich habe allen Respekt vor Leuten wie Leo, die ein Geschäft aufbauen. Weil ich aus der katholischen Jugendarbeit komme, habe ich soziale Arbeit an der Katholischen Fachhochschule in Freiburg studiert. Ich dachte, das kann ich – konnte es aber nicht. Deshalb habe ich mich Richtung Journalismus orientiert.
Semeraro: Ich kann mich daran erinnern, dass dir das Schreiben lag. Du hast immer Beiträge für das Vereinsheftle vom ESV geschrieben. Und die waren richtig gut.
Glunk: Schon während des Studiums habe ich auch für Breisgau Sport, ein Printmagazin über Amateursport in der Region, geschrieben, für den Wochenbericht und die Badische Zeitung. Meinen ersten Artikel für die BZ schrieb ich über ein Turnier der Tauziehfreunde Böllen im Wiesental und habe den falschen Verein zum deutschen Meister gekürt. Das gab Ärger, es wurden Abos gekündigt, ich durfte aber trotzdem weiterhin schreiben. 2001 brach ich ein Semester vor dem Examen das Studium ab, um ein Volontariat bei TV Südbaden zu machen, dem regionalen Fernsehsender, der sich in dem Jahr gegründet hatte. Rückblickend war das die beste Entscheidung. Wir waren ein ganz junges Team, hatten keine Ahnung von Fernsehen, haben uns aber reingefuchst. Wir konnten uns ausprobieren, das war toll. Aus der Zeit kenne ich noch viele Leute und habe so auch Kontakt zu Leo gehalten, weil eine meiner Kolleginnen seine Kundin war.
Semeraro: Und immer noch ist.
„Pressesprecher beim SC: Das ist mein Traumjob.”
Sascha Glunk
War das Ende von TV Südbaden der Grund für den Wechsel zum Sport-Club?
Glunk: Ich kam 2011 zum SC, und Sendeschluss war Ende 2014. Pressesprecher beim SC: Das ist mein Traumjob. Der Sport-Club ist für mich eine seit der Kindheit gewachsene sehr emotionale Beziehung. Mein Vater hat mich zum SC geschleppt, als es noch nicht so cool war, dahin zu gehen. Die anderen Kinder in der Grundschule waren Bayern-Fans. Ich wurde manchmal komisch angeguckt, wenn ich gesagt habe, ich gehe samstags zum Sport-Club – wenn auch nur zur zweiten Halbzeit, weil ich vorher selbst spielen musste.
Ist die Arbeit im eigenen Friseursalon auch ein Traumjob?
Semeraro: Ja, absolut. Dabei wollte ich eigentlich Schreiner werden. Ich habe nach der Schule eine Ausbildung begonnen, musste sie aber nach einem Jahr abbrechen, weil ich eine Allergie gegen Holzstaub hatte und Asthma bekam.
Glunk: Das ist ja wie Rasenallergie bei Fußballern. Hatten wir auch schon.
Semeraro: Da meine Familie mit vier Kindern finanziell nicht so gut aufgestellt war, hieß es arbeiten gehen. Mein Vater hat mir eine andere Lehrstelle als Installateur organisiert. Die habe ich nach zweieinhalb Jahre abgebrochen, weil ich keine Lust mehr hatte, bei minus zehn Grad im Rieselfeld auf der Baustelle zu stehen.
Glunk: Das war vielleicht meine Wohnung – ich lebe seit 1999 im Rieselfeld.
Semeraro: Dann bin ich zu meinem Bruder, der gerade einen eigenen Friseursalon aufgemacht hatte. Das hat gepasst. Von 1997 bis 2000 habe ich bei ihm gelernt und von 2008 bis 2010 berufsbegleitend die Meisterschule absolviert. Später habe ich die Filiale im Güterbahnhofareal geleitet und vor anderthalb Jahren meinen eigenen Laden aufgemacht: das Capelli.
Leo, gibt es berufliche und oder private Verbindungen zum SC?
Semeraro: Es kommen sowohl Mitarbeiter als auch Spieler zu mir, zum Beispiel Matze Ginter oder Ritsu Doan.
Glunk: Seit wir im neuen Stadion spielen, wohnen einige Spieler auf dem Güterbahnhofareal.
Semeraro: Tobias Willi habe ich auch schon die Haare geschnitten, außerdem ist ein Spielerberater mein Kunde, und es kommen einige Unternehmer, die Sponsoren sind. Der Sport-Club ist natürlich meine Heimatmannschaft, ich bin Fan, gehe regelmäßig ins Stadion. Aber ich bin auch Anhänger von Juventus Turin und war beim Europa-League-Spiel im Stadion – mit SC- und mit Juve-Schal.
Warum Juve?
Semeraro: Da bin ich reingeboren – mein Vater war auch schon Juve-Fan. Er stammte zwar aus Apulien, aber da gibt es keinen Erstligaverein.
Glunk: Ich muss dich leider desillusionieren. Die Kollegen von Juve haben uns nicht gerade mit einer Sympathieoffensive empfangen, sondern uns spüren lassen, dass sie in einer anderen Liga spielen. Vor allem bei den Tickets gab es Theater.
Semeraro: Das kann ich mir gut vorstellen. Ich habe vor ein paar Jahren mal versucht, mit ein paar Freunden Karten in Turin zu bekommen. Wir sind nicht ins Stadion reingekommen, obwohl es nicht voll war.
Seht Ihr Euch ab und zu?
Semeraro: Immer wieder zufällig – zuletzt in der Wurschtbude beim Güterbahnhof.
Glunk: Es ist komisch: Ich finde es manchmal schwierig, mir die vielen neuen Gesichter beim Sport-Club zu merken, obwohl die täglich präsent sind. Aber die Fußballkollegen von vor 30 Jahren erkenne ich sofort.