Bei Kalfany Süße Werbung ist von August bis November Hauptsaison. Im Werk in Herbolzheim werden dann Adventskalender und andere Give-aways für Firmen und Vereine produziert. In der Pandemie war die Nachfrage teils stark zurückgegangen.
VON SUSANNE MAERZ
Eine Anlage füllt flüssige Schokolade in durchsichtige Formen mit 24 Vertiefungen. Ein paar Schritte weiter geben Frauen bunte Schokolinsen in eine Maschine, die jeweils 24 von ihnen in Blisterverpackungen steckt und mit einer Folie voller Weihnachtsmotive verschließt. Kolleginnen von ihnen legen Mini-Schokoriegel der Marke Kinder in Adventskalenderformen. Sie werden später in eine mit einem Firmenlogo bedruckte Hülle verpackt. In der Produktion von Kalfany Süße Werbung in Herbolzheim herrscht beim Besuch an einem Novembertag Hochbetrieb. So, wie an den meisten Arbeitstagen zwischen August und Anfang Dezember.
An fünf Produktionslinien entstehen in diesen Wochen bis zu 140.000 Adventskalender am Tag. Die meisten für Unternehmen und Vereine. „Adventskalender sind für uns ein wichtiges Saisongeschäft“, sagt Geschäftsführer Peter Kaspar. Aber auch kleine Schoko- Nikoläuse werden in der großen Halle gegossen und nach Kundenwunsch verpackt, ebenso Zimtsterne oder andere weihnachtliche Give-aways. Eine weitere Maschine füllt Fruchtgummis in mit Firmenlogos bedruckte Päckchen. Sich drehende Trommeln lockern sie vor dem Abfüllen auf. Die Besonderheit des Unternehmens: „Wir stellen über 80 Prozent unserer Produkte selber her oder gießen sie“, sagt Peter Kaspar. Kalfany Süße Werbung bedruckt auch die Verpackungen der meisten Artikel selbst. Bei den Adventskalenderhüllen helfen Druckereien bei der Arbeit.
Der Duft von Fruchtgummis liegt in der gesamten Halle in der Luft, durch die Produktionsplaner Herbert Just führt. „Die Kunden können die Motive und den Geschmack der Fruchtgummis selber bestimmen“, sagt er. Ob Flugzeug, Lkw oder Bärchen – bis zu 16 Tonnen Fruchtgummis werden am Tag in Herbolzheim in einer separaten Halle gegossen und dann in einem Trockenraum gelagert. Und anschließend in ebenfalls vor Ort bedruckte Tütchen abgefüllt und verpackt. Die Fruchtgummis sind das ganze Jahr über gefragt – mit ihnen macht das Unternehmen sein Hauptgeschäft. Auch Bonbons werden in Herbolzheim in Adventskalender und andere Werbeartikel verpackt. Sie stammen aus dem Werk in Müllheim.
Zwei Standorte auch nach der Fusion
Die zwei Werke stehen stellvertretend für die beiden Unternehmen, aus denen im Jahr 2007 die Kalfany Süße Werbung GmbH & Co. KG entstanden ist. Die Vorgeschichte in Kürze: Die Gründer des Bonbonherstellers Kalfany, Karl und Franziska Berger, verlegten 1970 den Firmensitz von München nach Müllheim. 2002 verkauften sie ihr Unternehmen an die Hamburger Zertus-Gruppe, ein Familienunternehmen mit heute rund 2000 Beschäftigten. Diese ergänzte ein Jahr später das Portfolio von Kalfany um die Marke Pulmoll und machte das Müllheimer Unternehmen so zum führenden Hersteller von Dosenbonbons in Europa.
2007 wiederum verkaufte Pieter Schubert, der 1981 die Süße Werbung gegründet hatte, sein inzwischen in Herbolzheim beheimatetes unternehmerisches Lebenswerk an die Zertus- Gruppe. Die beiden Unternehmen hatten schon zuvor kooperiert: Die Süße Werbung verwendete schon lange Produkte von Kalfany.
Bis zu 250 Mitarbeitende sind inzwischen im Jahr bei der Kalfany Süße Werbung GmbH beschäftigt. Von ihnen arbeiten rund 120 fest in Herbolzheim und 50 in Müllheim. Dazu kommen 50 bis 100 Saisonkräfte. Zum Umsatz des Unternehmens steuert die Süße Werbung rund zwei Drittel und Kalfany etwa ein Drittel bei. Zahlen kommuniziert das Unternehmen nicht. Der Konzernumsatz der Zertus-Gruppe betrug laut Unternehmensregister im Jahr 2020 rund 427 Millionen Euro.
Zu den Mitbewerbern von Kalfany Süße Werbung zählen in der Region Vogel’s Süße Werbe-Ideen aus Endingen und Sweetware aus Vogtsburg im Kaiserstuhl. Beide wurden später als die Herbolzheimer gegründet und unterscheiden sich auch sonst. Vogel’s beispielsweise hat eine eigene Chocolaterie, während Kalfany Süße Werbung in Tanklastern flüssige Schokolade von Gubor erhält, sie aber selber gießt. Dagegen verwendet Sweetware ausschließlich Produkte anderer Hersteller, beispielsweise Fruchtgummis von Haribo.
Andere Kunden, gleiche Probleme in der Pandemie
Auch die beiden Standorte von Kalfany Süße Werbung unterscheiden sich: Das Kalfany-Werk in Müllheim beliefert den Lebensmittelhandel und Apotheken über Großhändler und produziert Eigenmarkenprodukte für den Lebensmitteleinzelhandel sowie Drogerien. Die Produkte des Süße-Werbung- Standortes in Herbolzheim wiederum gehen an Werbemittelhändler, bei denen Unternehmen beziehungsweise deren Agenturen Give-aways ordern.
So unterschiedlich die Bereiche sind, in der Coronapandemie brachen laut Peter Kaspar beide „massiv ein“: Messen, Firmenevents, Karnevalsumzüge und andere Großveranstaltungen, auf denen für gewöhnlich Tütchen mit Fruchtgummis oder Bonbons verteilt oder in die Menge geworfen werden, fielen aus.
Auch die Nachfrage nach den Pulmoll- Hustenbonbons, mit denen das Müllheimer Werk sein Hauptgeschäft macht, ging angesichts ausgefallener Erkältungswellen aufgrund Lockdowns und Maskenpflicht zurück. Kurzarbeit und die breite Ausrichtung des Konzerns halfen Kalfany Süße Werbung durch die Pandemie zu kommen, wie Peter Kaspar berichtet. Zur Zertus-Gruppe gehören beispielsweise auch die Gourmet-Marken Gaea und die Fitnessmarke Dextro Energy.
Gleichwohl spürt das Unternehmen auch die Auswirkungen der gestörten Lieferketten angesichts Pandemie und Krieg. So stammt der Stahl für die Bonbondosen, die zugekauft werden, zum Teil aus Russland. Mit einem Mehrlieferantensystem habe man Probleme meist ausgleichen können, sagt Kaspar. Trotz der steigenden Energiepreise ist er derzeit positiv gestimmt: „Vom Volumen her sind wir fast wieder auf dem Vor- Corona-Niveau. Nächstes Jahr erreichen wir es hoffentlich wieder.“
Übrigens kehrt bei Kalfany Süße Werbung auch nach dem Weihnachtsgeschäft keine Ruhe ein. Im Januar steht bereits der nächste Großauftrag an. Eine französische Supermarktkette hat Ramadan-Schokokalender geordert. Und im Februar startet die Ostersaison. Dann gießen die Maschinen statt Nikoläusen kleine Schoko-Osterhasen.