Anfang Dezember soll nach mehr als anderthalb Jahren Stillstand eine halbwegs normale Skisaison am Feldberg starten. Eine entsprechende 2G-Regelung präsentierten die Verantwortlichen kürzlich. Für Übernachtungsgäste ändert sich weit mehr: Die Hochschwarzwald Card funktioniert nicht mehr als Liftticket.
VON KATHRIN ERMERT
Es sind rund 500 Gastgeber, die ihren Gästen mit der “Hochschwarzwald Card” freien oder vergünstigten Eintritt zu etwa 100 touristischen Attraktionen anbieten, wenn sie mindestens zwei Nächte verbringen. Seit 2010 gibt es die Karte. Die wichtigste Attraktion im Winter war der Feldberg mit seinen 41 Liften.
Doch der Liftverbund hat den Vertrag mit der Hochschwarzwald Card bereits zum Jahresende 2020 gekündigt. Seither gibt es einen „vertragslosen Zustand“, wie Thorsten Rudolph, Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG), es nennt. Weil im vergangenen Winter wegen des Lockdowns keine Lifte laufen durften, machten sich die Auswirkungen bislang kaum bemerkbar. Das wird sich jetzt wohl ändern.
Die Begründung der Betreibergemeinden für den Ausstieg: Es brauche „ein System, das dem Liftverbund wirtschaftlich nutzt“, sagt Adrian Probst, Bürgermeister von St. Blasien und zugleich Vorsitzender des Liftverbunds Feldberg. „Zuletzt waren 41 Prozent unserer bis zu 8.000 Liftkunden täglich HTG-Gäste. Das ist zu hoch. Wir müssen die Hoheit haben über unsere Preispolitik“, sagt sein Feldberger Kollege Johannes Albrecht dazu. Die beiden befürchten nicht, dass ihnen ohne die Karte so viele Gäste abhandenkommen, dass sich der Liftbetrieb wirtschaftlich nicht lohnt, selbst bei ganz vorsichtiger Rechnung.
Der Liftverbund habe viel vor, wie Albrecht und Probst Ende Oktober bei einer Presseeinladung berichteten. Gleichzeitig fehlt nach der komplett ausgefallenen Saison 2020/21 das Geld: Acht Millionen Euro Umsatz hat man laut Probst verloren. In den Gemeindehaushalten klaffen Millionenlücken.
„Noch einen Winter mit Totalausfall verkraften wir nicht – nicht als Skigebiet und nicht als Kommune.“
Adrian Probst, Bürgermeister von St. Blasien und zugleich Vorsitzender des Liftverbunds Feldberg
Liftverbund Feldberg stellt sich neu auf
Um den wirtschaftlichen Spagat zu bewerkstelligen, wollen die Bürgermeister die Struktur des Liftverbunds professionalisieren, Einnahmen steigern, Kosten reduzieren und so auch Investitionen in die langfristige Ausrichtung des Feldbergs finanzieren, vor allem im Hinblick auf Klimaerwärmung und schneeärmere Winter.
Künftig soll die Verwaltung des Skigebiets nicht mehr geografisch, sondern thematisch organisiert sein. Das heißt, es gibt Verantwortliche für Technik, Finanzen, Personal und Marketing, die sich um das gesamte Gebiet kümmern. Zudem habe man einen Geschäftsführer eingestellt, der voraussichtlich Anfang kommenden Jahres das operative Geschäft übernehmen und weiterentwickeln soll. Sein Name konnte noch nicht bekannt gegeben werden.
Bislang teilen sich die Gesellschafter des Liftverbunds, also die Gemeinden Feldberg, St. Blasien und Todtnau, diese Aufgabe. Von der neuen Struktur erhoffen sich Albrecht und Probst Synergien und somit Einsparungen. „Die Gewinne aus dem Winter müssen überführt werden in Investitionen für schneefreie Angebote“, sagt Probst. Langfristig sei der Transformationsprozess das Ziel.
Dafür brauche es kurzfristig aber Investitionen in den Skitourismus am Feldberg. So wurden beispielsweise gerade rund 100.000 Euro in ein neues Schnee- und Flottenmanagement gesteckt, das – mit sensorgenauer Schneehöhenmessung und satellitengesteuerter Positionsbestimmung – die Beschneiung und Präparierung der Pisten verbessern soll.
„Es wird generell kein kostenloses Skifahren mehr geben.“
Thorsten Rudolph, Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG)
Die Hochschwarzwald Tourismus GmbH bezieht Stellung
Für die Wintersaison 2020/21 habe es ein „sehr, sehr gutes Angebot, ein Millionenangebot“ gegeben, sagt Geschäftsführer Rudolph. Das sei nun aber hinfällig. Die vergangene Skisaison ist ausgefallen, und jetzt hat die Hochschwarzwald Card ein neues System, das mit dem Start in die Skisaison Mitte Dezember vorgestellt werden soll. Details und neue Namen will Rudolph ebenfalls nicht verraten, aber so viel: „Es wird generell kein kostenloses Skifahren mehr geben.“ Auch nicht bei den Liften, die im Kartenverbund bleiben.
Er plant eine Basis- und eine Pluskarte, sozusagen die Nachfolgerin der Hochschwarzwald Card. Mit letzterer könnten Gäste etwa zwei Drittel der bisher 100 Attraktionen kostenlos nutzen, für die restlichen müssten die Betreiber ihnen mindestens 20 Prozent Vergünstigung gewähren. Entsprechende Verträge habe man allen Partnern Anfang Oktober zugeschickt, sagt Rudolph. Auch dem Liftverbund. Bisher habe dieser nicht reagiert. Das Angebot der HTG habe er erst Anfang November erhalten, sagt der Feldberger Bürgermeister, per Mail. Das war nach der Pressekonferenz.
„Das Angebot liegt auf dem Tisch, man kann jederzeit einsteigen“, sagt Rudolph. Für die Gastgeber – rund 500 sind es wieder, die paar Dutzend Kündigungen nach dem Austritt des Liftverbunds habe man kompensiert – sei das neue System wesentlich günstiger, sie zahlen nur noch etwa halb so viel Umlage. Gleichzeitig bekommen einige Attraktionen mehr Geld, teils aufgrund geänderter Verteilung der Einnahmen, teils aufgrund der Zuzahlung der Gäste. „Der Liftverbund bekommt mindestes 80 Prozent bezahlt“, betont Rudolph.
„Wir können es uns nicht leisten, in der Hauptsaison Nachlässe zu geben“, entgegnet Albrecht auf Nachfrage. Man habe schon vergangenes Jahr verkündet, dass man diesen Winter nicht mehr an der Gästekarte teilnimmt, dabei bleibe es nun, sagt Albrecht. Die Zahlen des Sommers und Herbstes bestätigten diese Entscheidung. Im Oktober 2021, stieg die Zahl der Gäste der Feldbergbahn um gut elf Prozent gegenüber dem Vorjahr, der Umsatz legt um fast 110 Prozent zu, berichtet Albrecht.
Thomas Banhardt sieht noch andere als wirtschaftliche Gründe für den Ausstieg des Liftverbunds aus der Hochschwarzwald Card. „Das ist ein zwischenmenschliches Problem“, sagt der Inhaber des Feldberger Hofs direkt gegenüber der Feldbergbahn. „Es gab gute Angebote, man wollte das aber partout nicht mehr.“ Banhardt findet das nicht tourismusfördernd für die Region und kein professionelles Verhalten: „Es dient nicht dem Wohle aller“, sagt er.
Für sein eigenes Hotel befürchtet er zwar keine gravierenden Auswirkungen. In der Außengastronomie rechnet er indes mit spürbar weniger Tagesgästen, die bei anderen Gastgebern wohnen und für die die Hochschwarzwald Card ein Schnäppchen gewesen sei. Aus dem System auszutreten, wie es einige Häuser getan haben, war für Banhardt indes kein Thema. Seine Wintergäste seien informiert, er habe schon 2019 begonnen, die Veränderung zu kommunizieren.
Diejenigen, die wegen der extrem günstigen Preise gekommen seien, würde er vielleicht erstmal verlieren. Bannhardt kann sich aber vorstellen, dass sie später wieder kommen. Denn ein im Hotelpreis inklusives Ticket gibt es seines Wissens bei keinem vergleichbaren Skigebiet. Der Feldberger Hof gehört dem Verbund „Familotel“ an und konkurriert laut Bannhardt nicht mit anderen Häusern im Schwarzwald, sondern mit ähnlich ausgerichteten Familienhotels in anderen Destinationen wie dem Allgäu. Mit den bisherigen Buchungen für die Wintersaison ist der Hotelchef zufrieden, sie lägen auf dem Niveau von vor der Pandemie.