Der Freiburger Dirk Pietroschinsky betreibt zusammen mit seinem Partner Gordon Stipic-Wipfler die ISMG International Sport Marketing GmbH
in Karlsruhe. Das Beratungsunternehmen berät mehr als 40 Fussballprofis aus allen deutschen Profiligen. Dazu gehören unter anderen
Matthias Ginter von Borussia Dortmund, Jannik Vestergaard von Borussia Mönchengladbach oder Oliver Baumann von der TSG Hoffenheim.
Aber auch Maximilian Philipp, Christian Günter, Karim Guede oder Nicolas Höfler vom SC Freiburg. netzwerk südbaden sprach mit
Dirk Pietroschinsky über seinen Beruf und das Image einer Branche, die im Fußball viel bewegt, aber selten öffentlich in Erscheinung tritt.
netzwerk südbaden: Wie wird man Spielerberater?
Dirk Pietroschinsky: Dafür gibt es weder ein spezifisch darauf angelegtes Studium noch eine Ausbildung. Ich habe in München BWL studiert und hatte den Bezug zum Fußball zum einen als Fan, zum anderen weil ich meine ganze Jugend über gespielt habe. Der Gegenstand meiner Diplomarbeit am Lehrstuhl für Personalökonomie damals war dann das Beziehungsgeflecht zwischen Verein, Spieler und Spielerberater. Das war der erste Schritt.
netzwerk südbaden: Wie ging das aus?
Pietroschinsky: (lacht) Gegensätzlich zum Rest meines Studiums… es war eine glatte 1,0.
netzwerk südbaden: Wie lautete der Titel?
Pietroschinsky: „Die ökonomische Analyse des Spielervermittlers als Intermediär im deutschen Profifußball.“
netzwerk südbaden: Wie ging es dann weiter?
Pietroschinsky: Der Funktionär eines Bundesliga-Traditionsvereins hat mich bei der Diplomarbeit unterstützt und bot mir eine Stelle an. Gleichzeitig gab er mir den Rat, mal ein Praktikum in einer Spielervermittlungsagentur zu absolvieren. In mehreren bundesweiten Praktika habe ich schnell gelernt, dass viele versuchen, das Berufsbild als nicht erlernbare Raketenwissenschaft darzustellen. Das war mit ausschlaggebend für meine Motivation, innerhalb dieser Branche zu versuchen Fuß zu fassen.
netzwerk südbaden: Wie groß hat man sich Ihr Unternehmen vorzustellen, wieviele Leute arbeiten bei Ihnen?
Pietroschinsky: Gemeinsam mit meinem Geschäftspartner Gordon Stipic-Wipfler bin ich als Geschäftsführer der ISMG International Sports Management GmbH in Karlsruhe tätig, wir beschäftigen fünf Mitarbeiter.
netzwerk südbaden: Wieviele Spieler betreuen Sie aktuell?
Pietroschinsky: Es sind rund um die 40 Spieler, die wir in unserem Portfolio aktuell betreuen. Eine genaue Zahl ist in diesem Bereich allerdings schwierig zu beziffern, da es oftmals zu Kooperationen im In- und Ausland kommt. Grundsätzlich ist es unsere Philosophie, kein Sammelbecken an Beratern aufzubieten, um künstliche Größe nach Außen vorzugeben, vielmehr wollen wir ein klar strukturiertes Portfolio aufweisen.
netzwerk südbaden: Wann findet bei Ihnen die heißeste Phase des Jahres statt?
Pietroschinsky: Das ist nicht wie angenommen nur in einer der beiden Transferphasen der Fall. Klar dreht sich in diesen Phasen das Rad am schnellsten, vertragliche Veränderungen bedürfen aber einer langen Vorbereitungszeit und beginnen teilweise bereits Monate früher. Auch spielen Verletzungen, Trainerwechsel oder Konkurrenzverpflichtungen eine Rolle. Unsere Aufgabe ist es, uns 365 Tage im Jahr im Klaren darüber zu sein, was die Markteinschätzung unserer Spieler ist.
netzwerk südbaden: Muss man Spielern dabei nach dem Mund reden? Schließlich müssten Sie Verständnis haben, wenn der nicht ganz so professionelle Spieler sich wundert, dass er auf der Tribüne sitzt.
Pietroschinsky: Eher gegenteilig. Ich denke, dass wir für eine sehr direkte Arbeitsweise und Ansprache stehen und zu den wenigen Personen gehören, die auch contra geben. Ich bin ein kritischer Beobachter und enger Vertrauter, achte auf Details in Außendarstellung, Körpersprache, oder wie ein Spieler sich beispielsweise vor einem Spiel warm macht. Diese Dinge können mitunter auch eine Rolle spielen und wenn mir da etwas nicht passt, sage ich das auch.
netzwerk südbaden: Wie kommt man an Spielermandate?
Pietroschinsky: Zum einen entstehen durch die Arbeitsweise und Referenzen Weiterempfehlungen, zum anderen auch durch Akquisition, weil man beispielsweise die Ansicht vertritt, einem bestimmten Spieler einen besseren Beratungsansatz bieten zu können.
netzwerk südbaden: Wann verliert man sie?
Pietroschinsky: Wenn die Ansichten über das Miteinander, die Zusammenarbeit oder die Zielsetzung zu weit voneinander abweichen.
netzwerk südbaden: Wie vermittelt man diese Zielsetzung, in einem ausführlichen Gespräch?
Pietroschinsky: Die Zusammenarbeit in diesem Bereich ist gekennzeichnet durch ein sehr hohes Maß an Vertrauen. Dieses baut man nicht in einem Gespräch von zwei Stunden Dauer auf. Manchmal lernt man sich über Wochen, Monate, gar Jahre kennen, bevor man sich entschließt zusammenzuarbeiten.
netzwerk südbaden: Welche Auswirkungen hatte die inzwischen wieder abgeschaffte Lizenz für Spielervermittler?
Pietroschinsky: Früher gab es eine sehr umfangreiche Lizenzprüfung, die ich damals in Frankfurt absolviert habe. Ich glaube von allen 150 Absolventen haben grade mal sieben bestanden. Dadurch war man beim DFB registriert. Aber ich kann bislang keine großen Veränderungen durch die Abschaffung wahrnehmen: der Markt ist überschaubar und man kennt die Teilnehmer.
netzwerk südbaden: Woher rührt das nicht allzu gute Image Ihrer Branche?
Pietroschinsky: Ich denke es ist gewissermaßen das Image aller Intermediäre, egal ob Versicherungs-, Immobilien-, oder wie in meinem Fall „Spielervermittler“. Trotzdem sind wir unverzichtbar und erledigen Aufgaben, denen ein Spieler keinesfalls nachkommen kann.
netzwerk südbaden: Und es gibt keine Verträge, Sie sind lediglich per Handschlag und Absprache verbunden und jederzeit kündbar?
Pietroschinsky: Das ist individuell geregelt. Bei uns zählt der Handschlag. Aber es ist unter dem Aspekt des Vertrauens keine Einbahnstraße. Falls notwendig, laufen wir für einen unserer Jungs bildlich gesprochen durchs Feuer, erwarten aber wiederum das gleiche Maß an Loyalität und Vertrauen, das wir ihm entgegenbringen. Das ist unsere Basis für gute Arbeit mit guten Ergebnissen – was wiederum zu einer Fortsetzung der Zusammenarbeit führt.
netzwerk südbaden: Was erwarten Sie durch die noch weiter gestiegenen TV-Erlöse in Deutschland? Geht die Umsatz-Schere zwischen den einzelnen Vereinen weiter auf oder haben alle einfach nur mehr vom Kuchen und geben wie in England mehr für Spieler aus?
Pietroschinsky: Der letztgenannte Effekt ist doch längst eingetreten: Teilweise werden Bundesliga-Spieler mit einem Jahr Vertragsrestlaufzeit wie in dieser Transferphase für 30 oder 40 Millionen Euro transferiert. Es bleibt abzuwarten in welche Richtung sich das weiterhin entwickelt. Fakt ist: die Nachfrage nach dem Produkt Profifußball bestimmt den Preis, und diese scheint in dem Maße gegeben, wenn immer höhere TV- und Vermarktungsgelder seitens der Verbände generiert werden.
netzwerk südbaden: Droht dem Fußball nicht erstmals eine Nachfrage-Delle? Die Langeweile, die alle bei der EM gefühlt haben, wäre ein Indiz. Auch dass hierzulande offenbar von TV-Seite ein deutsches Leicester City als Überraschungsmeister gesucht wird, weil es sonst die Bayern wenig spannend machen?
Pietroschinsky: Ich persönlich habe keinerlei Langeweile bei der EM verspürt, fand es aus dem Blickwinkel des Fans eher schade, dass das Wetter nicht mitgespielt hat. Dass viele Fans in Deutschland oder Europa die Vormachtstellung eines bestimmten Vereins persönlich nicht für gut erachten, spricht eher für ihre hohe Identifikation mit dem Wettbewerb Fußball. Es ist ja selbsterklärend, dass ein Maximum an Spannung aus Fansicht den höchsten Mehrwert bringt.
netzwerk südbaden: Freut es die von Provisionen abhängigen Berater erstmal, wenn die Erlöse hoch gehen? Sie profitieren doch davon, wenn Spieler für 30 Mio. statt wie früher für 3 Mio. den Verein wechseln?
Pietroschinsky: Natürlich bin ich lieber in einer florierenden als einer vom Aussterben bedrohten Branche tätig. Aber wegen vermeintlich steigender Erlöse gehe ich weder naiv noch traumtänzerisch mit der Situation um.
netzwerk südbaden: Sie treffen als BWL-Absolvent und gelernter Industriekaufmann mit Vermittler-Lizenz immer noch auf Manager und Sportdirektoren, die keine Ausbildung haben außer dem Etikett „Ex-Profi“. Wie nehmen Sie die Unterschiede in den Vereinen wahr?
Pietroschinsky: Nicht sehr groß, ich denke, das war vor meiner Zeit ein größeres Thema. Fakt ist, dass die zunehmende Professionalisierung im Fußball verantwortlich für veränderte Strukturen ist. Die meisten Vereine sind heutzutage Kapitalgesellschaften, gekennzeichnet durch angepasste Mitsprachegremien und Überwachungsinstanzen. Der Prozess der internen Entscheidungsfindung ist heutzutage meist auf mehrere Personen verteilt. Ich nehme keine großen Unterschiede in puncto sportlicher Herkunft oder Ausbildung wahr, vielmehr halte ich einen sportlichen Background, Verhandlungsgeschick, ein gewisses Auftreten und einen guten Stab für relevant aus Vereinssicht.
netzwerk südbaden: Wie verhalten Sie sich gegenüber Jugendspielern, sind Jugend-Internate von Bundesligisten wie dem SC Freiburg nicht der Ort, wo Ihre Branche permanent vor dem Zaun lauert? Gibt es ethische Grenzen für Berater?
Pietroschinsky: Unsere Agentur ist bislang fast ausschließlich im Seniorenbereich tätig. Das ist aber weniger unserer Philosophie geschuldet, vielmehr dem Faktor Zeit sowie der Manpower. Ich finde es grundsätzlich aber nicht verwerflich sich ein Jugendbundesligaspiel anzusehen, die Vereine machen das ja schließlich untereinander auch. Rudi Raschke/Leska Müller t