New Work stellt Fragen nach Wohnen und Arbeit noch einmal neu: Ein Lörracher Mehrparteienhaus findet darauf besondere Antworten. Das funktioniert gerade in der gegenwärtigen Homeoffice-Konjunktur hervorragend. Wie die Bewohner es erleben. Und was der Architekt darüber sagt.
VON RUDI RASCHKE
Die Eventmanagerin Claudia Peters sagt über den Ort, an dem sie lebt: „Das Schöne an diesem Haus ist, dass es für jeden funktionieren kann. Vom kreativen Freelancer bis hin zum Angestellten.“ Das Haus besteht aus sieben Parteien, sie nennt es eine „schöne Balance“, wie sich Generationen und Berufe hier mischen: Kreative, Angestellte, junggebliebene Rentner. Am größten sei die Schnittmenge zwischen Homeoffice und privatem Lebensraum aktuell für jene Bewohner, die ihr Kunstinteresse sowohl in der Einrichtung als auch in der Erwerbstätigkeit zusammenbringen.
„Für die meisten Bewohner hat sich durch die aktuelle Lage nichts verändert. Von zuhause aus zu arbeiten gehört beim Gros zum Alltag“, sagt Claudia Peters. Es falle leicht, sich zurück zu ziehen, die Nähe zur Natur und der große Terrassenanteil erleichtern dies. Kerem Taskin ist Brand Manager und für einen Basler Wissenschaftsverlag tätig. Er nennt es ein „herzliches und hilfreiches Miteinander, wie das Haus sich organisiert. Die Mischung sei generationenübergreifend, mit unterschiedlichen Backgrounds, aber eben vergleichbaren Interessen. Arbeitsseitig gebe es durchaus Synergien und branchenübergreifende Kollaboration.
Gerade aktuell verbringe jeder mehr Zeit vor Ort, trotzdem sei die Privatsphäre gewahrt, die Atmosphäre entspannt und die Hiflsbereitschaft mehr gelebt als zuvor. Über seine derzeitige Routine sagt Taskin, dass der große Esstisch mehr denn je, der Ort für Austausch, Essen und Arbeit sei. Aber seine junge Familie auch viel Zeit auf der Terrasse draußen verbringt. „Homeworking und tägliche Routinen lassen sich so für uns perfekt kombinieren.“ Der Architekt Osman Askari hat das Haus in Lörrach vor zwei Jahren fertig gestellt: Er sagt, dass es ursprünglich kaum Freifläche am stark ansteigenden Hang gegeben habe. Entlang der attraktiven Gartenseite des Grundstücks hat er die Wohnküchen der vier Maisonette-Wohnungen angesiedelt.
Die großen Wohnküchen im Erdgeschoß seien „autarke Multifunktionsbereiche“, die die übrigen Wohnbereiche des Obergeschosses nicht stören. Zentral war für Askari das Auflösen des klassischen Wohnund Essbereichs in zwei Ebenen, wo sich verschiedene Möglichkeiten des modernen Wohnens entfalten können. Das Obergeschoss könne als Büro und Wohnküche für Besprechungen genutzt werden. Für Wohngemeinschaften mit unterschiedlichen Tagesabläufen eine konfliktfreie Nutzung der Gemeinschaftsräume.
Und nicht zuletzt ist auch für die klassische Familie mit Kindern das Arbeiten zuhause im baulichen Rahmen vorgesehen, um Beruf und Familie besser strukturieren zu können. Vorbild der um Lichthöfe arrangierten Geschosswohnungen sind Jugendstil-Häuser mit hellem Entrée, von dem aus alle Räume der Wohnung direkt erreichbar sind. Auch mit diesem Wohnungstyp wird versucht, den Bedürfnissen zeitgemäßen und anspruchsvollen Wohnens einer urbanen Mieterschaft gerecht zu werden.
Damit solle eine „überzeugende, ökologisch sinnvolle Alternative zum Bau von Einfamilienhäusern im Grünen“ geboten werden, sagt Osman Askari. Als Architekt hat er in Lörrach eine Flexibilität neuer Wohnformen umgesetzt, die vorweg ansehnliche Antworten zu Fragen der gegenwärtigen Homeoffice- Welt gab.